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Werter Herr Strauss!
Da Sie für mich nicht zu Hause zu sein scheinen, andrerseits ich mich keinem Menschen aufdränge, so bleibt mir für das, was ich mit Ihnen zu verhandeln habe, der schriftliche Weg.
Die Analyse zum »Sturmlied« werden Sie empfangen haben. Ich beabschtige drei weitere Analysen zu:
Tod und Verklärung |
Don Juan |
Till Eulenspiegel |
für den »Musikführer« zu schreiben. Würden Sie mir durch den Verlag die Partituren* zur Verfügung stellen können und vielleicht mir die authentische Benennung der Motive mitteilen wollen?
Auf diese Arbeit freue ich mich nunmehr, weil mir Ihr Tonschaffen aus innerster Seele sympathisch ist. Dies ging wohl schon aus der damaligen Beurteilung des »Guntram« hervor, womit ich glaube so ziemlich allein zu stehen. Durch mein rücksichtsloses Eintreten für »Guntram« und neuerdings für »Till« wird mich wohl die »Neue [2v] Musikzeitung« herausschmeissen. Ehrt mich höchstens! Undank und Verkennung war von jeher mein Lohn.
Anbei liegende einzige anständige Besprechung »Guntrams« der blamierten Münchner Kunstkritik haben Sie gewiss noch nicht gelesen. Herr Kreowsky hat tief aus meinem »Gesellschafts«-Aufsatz geschöpft.
Obgleich ich weiss, dass Sie mich als Componisten für nichts achten, werd’ ich dennoch von den neu erscheinenden Sachen spec. Liedern Ihnen welche schicken mit der Bitte Ihre »Freihild« zu veranlassen, durch Vortrag eines oder zweier dieser Gesänge einem hart gegen den Bann des Unbekanntseins ankämpfenden Musiker ein wenig auf die Beine zu helfen.
Ich darf also wohl einigem Material über die 3 Tondichtungen aus Ihrer Feder bestimmt entgegensehen, da ich nicht ins Blaue hinein schreiben und namentlich beim Till deutelnd vermuten möchte.
Mit bestem Gruss! Ihr Wilhelm Mauke
Königinstrasse 33.
* | [Bl. 1r:] (auf kurze Zeit, leihweise) [Originalanmerkung]. |