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Wie nun das Erleben das [sic] Künstlers zu definiren wäre, ist eine sehr complicirte Sache.
Ich darf wohl wieder bei einem Beispiel bleiben: es war vor 6 Jahren, als mir der Gedanke auftauchte, die Todesstunde eines Menschen, der nach den höchsten ideellen Zielen gestrebt hatte, also wohl eines Künstlers in einer Tondichtung darzustellen.
»Der Kranke liegt im Schlummer, schwer u. unregelmäßig atmend, zu Bette; freundliche Träume zaubern ein Lächeln auf das Antlitz des schwer Leidenden; der Schlaf wird leichter, er erwacht, gräßliche Schmerzen beginnen ihn wieder zu foltern, das Fieber schüttelt seine Glieder – als der Anfall zu Ende geht u. die Schmerzen nachlassen, gedenkt er seines vergangenen Lebens: seine Kindheit zieht an ihm vorüber, seine Jünglingszeit mit seinem Streben, seinen Leidenschaften u . dann, während schon wieder Schmerzen sich einstellen, erscheint ihm die Leuchte seines Lebenspfades, die Idee, das Ideal, das er zu verwirklichen, künstlerisch darzustellen versucht hat, das er aber nicht vollenden konnte, weil es von einem Menschen nicht zu vollenden war, die Todesstunde naht, die Seele verläßt den Körper, um im ewigen Weltenraum das vollendet, in herrlichster Gestalt zu finden, was es hienieden nicht erfüllen konnte.«
Dies der flüchtige Inhalt von Tod u. Verklärung, wie er mir selbst während des Componirens bekannt war; (das der Partitur beigegebene Gedicht ist nachträglich von meinem Freunde Alexander Ritter verfaßt).
Wie bin ich dazu gekommen?
Ein wirkliches Erlebniß lag nicht vor; ich hatte bis dahin weder selbst eine schwere Krankheit durchgemacht noch der Todesstunde eines Menschen beigewohnt; auch aus meiner Lectüre ist mir eine directe Anregung nicht erinnerlich; – wo hatte meine Phantasie das [sic!] Stoff dazu hergenommen?
Dabei scheint das Stück wirklich allenthalben bewundert zu werden u. wird die realistische Ausdrucksweise u. die große Deutlichkeit der Darstellung des Inhalts gerühmt.
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