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Brief
Richard Strauss an Gabriel Astruc
Mittwoch, 20. Februar 1907, Berlin

relevant für die veröffentlichten Bände: I/3a Salome, I/3b Salome (Weitere Fassungen)

[1r]

Verehrter Herr Astruc!

Wie ich Ihnen gestern schon depeschirte, habe ich mich nun definitiv entschlossen, auf die Salomeaufführungen in Paris in diesem Frühjahre zu verzichten und zwar sind dafür ausschlaggebend folgende 2 Gründe: durch die Aufführungen bei Isola im Gaitè [sic] wird mir für im̅er die grande opèra verschlossen. Ferner halte ich es für töricht, der Sociètè des auteurs dramatiques, die gar kein Anrecht an meiner Oper hat, dieselben Tantièmen zu bezahlen, die ich erhalten soll. Ich halte es für unmoralisch, den Gebrüdern Isola, denen ich Sie bitte, mit meinem aufrichtigen Bedauern den Ausdruck meines verbindlichsten Dankes für ihr Anerbieten zu übermitteln, das große Opfer doppelter Tantième aufzuerlegen.

Ich beabsichtige jetzt, durch die Presse die Frage erörtern zu lassen, wie die Sociètè künftighin ihre Verträge mit ausländischen Autoren zu redigiren hat u. hoffe mit Hülfe [1v] der Öffentlichkeit und der Unterstützung der deutschen Autoren meine billigen und gerechten Forderungen durchzusetzen. Ich will die Rechte der Sociètè gerne soweit respektiren, daß ich nicht gegen die Sociètè in Frankreich aufgeführt werde, sondern als Mitglied der Sociètè unter Bedingungen, die ich als rechtlicher Mann unterzeichnen kann.

Und in diesem Kampfe werde ich alle rechtschaffen denkenden Leute auf meiner Seite haben.

Vielleicht entschliesst sich die Sociètè doch, bevor sie diesen Kampf in der Öffentlichkeit gegen mich aufnim̅t, die Bewilligung meiner Forderungen bei dem Sÿndikat oder der Generalversam̅lung zu befürworten.

Ich habe die ersten Schritte bereits getan, die die Aufmerksamkeit der breiteren Öffentlichkeit auf die ungerechten und rigorosen Statuten der Sociètè lenken werden.

[2r] Haben Sie also einstweilen besten Dank für Ihre bisherigen freundlichen Bemühungen, die leider vergebens gewesen sind.

Vielleicht kom̅t doch noch der Tag, wo ich in Ehren und unter loyalen Bedingungen mit Salome in Paris einziehen kann. Heute ist die Zeit noch nicht reif.

Mit verbindlichstem Gruß
Ihr
Hochachtungsvoll ergebener
DRichardStrauss.

Bemerkung

Der Brieftext ist vollständig in lateinischer Schrift verfasst.

Accents égus und accents graves folgen der Transkriptionsgrundlage originalgetreu.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Claudia Heine

Quellennachweis

  • Original: Bayerische Staatsbibliothek (München), Signatur: Ana 330.I.Astruc, Gabriel, Nr. 1 (Autograph) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
    • Autopsie: 2019-11-25

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d04032 (Version 2021‑09‑29).

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