Brief
Richard Strauss an Maurice Kufferath
Mittwoch, 26. Dezember 1906, Turin

relevant für die veröffentlichten Bände: I/3b Salome (Weitere Fassungen)

[1v] Vertraulich!

Verehrter Freund und Direktor!

Vorgestern war Direktor Gailhard aus Paris bei mir u. brachte mir eine neue selbstgemachte französische Übersetzung von Salome. Er behauptet, meine Bearbeitung des französischen Textes sei dem französischen Sprachgebrauch zuwiderlaufend und absolut unsingebar. Ich bitte Sie nun, mir zu sagen, ob dies richtig ist oder ob nur eine Übertreibung des Herrn Gailhard vorliegt und nicht allenfalls nur geringere Abänderungen meiner französichen [sic] Ausgabe nötig sind, um dieselbe als in Frankreich aufführbar zu machen. Ich weiß, daß die Franzosen schrecklich conventionell sind, am Althergebrachten hängen und für Neuerungen schwer zugänglich sind. Darum wünschte ich auch Ihre Meinung zu hören, ob meine französiche [sic] Salome durchweg nichts taugt [2r] und von Anfang bis Schluss neu bearbeitet werden muß. Herr Gailhard hat seiner Bearbeitung die deutsche Originalversion der Singstimme zu Grunde gelegt u. ist auch, glaube ich, gerne geneigt, seine Bearbeitung Ihnen zur Verfügung zu stellen, falls Sie meine französische Ausgabe für absolut unmöglich zur Aufführung halten (auch nicht mit einigen nötigen Modificationen).

Bitte geben Sie mir umgehenden Bescheid, da ich, falls auch Sie meinen französichen [sic] Klavierauszug für absolut unbrauchbar halten, sofort eine vollständige Neuausgabe der französichen [sic] Salome nach dem Muster der Gailhardschen Arbeit veranstalten und meine Bearbeitung cassiren werde.

Ich bin vom 2. Januar an wieder in Berlin. Salome hatte auch hier großen Erfolg! Wann gedenken Sie das Werk herauszubringen u. in welcher Besetzung? Die Pariser [2v] Première wird wahrscheinlich Anfang Mai stattfinden.

Mit herzlichem Gruß
Ihr
stets ergebener
DrRichardStrauss.

Berlin W 15, Joachimsthalerstrasse 17

Bemerkung

Der Brieftext ist vollständig in lateinischer Schrift verfasst.

Der Adressat dieses Briefs ergibt sich aus dem Gesamtkontext der Korrespondenz von Dezember 1906 und Januar 1907. Siehe hierzu die Einleitung, in: Salome op. 54. Weitere Fassungen: Dresdner Retouchen von 1929 und Französische Fassung, hrsg. von Claudia Heine, Wien 2021 (= Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe, Serie I, Band 3b), S. XXII f.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Claudia Heine

Quellennachweis

  • Original: Österreichische Nationalbibliothek (Wien), Sammlung: Handschriftensammlung, Signatur: Autogr. 141/99-9 (Autograph) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
    • Autopsie: Keine Autopsie des Originals.

Bibliographie (Auswahl)

  • Genannt/Verzeichnet in Günter Brosche (Hrsg.) / Karl Dachs (Hrsg.): Richard Strauss: Autographen in München und Wien. Verzeichnis (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 3), Tutzing, 1979, S. 298. Mit Angabe zum Adressaten: »An e. Musikdirektor«.
  • Auszug in J. A. Stargardt, Autographen aus verschiedenem Besitz: Auktion am 11. und 12. Juni 1968 in Marburg, Kurhotel Ortenberg [Auktionskatalog], Bd. 585, Marburg, 1968, S. 154. Nr. 760. Mit Angabe zum Adressaten: »An den Direktor eines Musikverlages«.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d04012 (Version 2021‑09‑29).

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