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Brief
Richard Strauss an Ernst von Schuch
Freitag, 15. Dezember 1905, Berlin

relevant für die veröffentlichten Bände: I/3a Salome

[1r]

Liebster Schuch!

Ich freue mich riesig über den kolossalen Erfolg der Salome u. nicht zuletzt über den eminenten Erfolg, den Sie persönlich als wohlverdienten Lohn für alle Mühe, Aufopferung u. Selbstentäußerung davongetragen haben. Ich glaube nicht, daß Sie jemals so berühmt waren, als in diesem Augenblicke: ganz Berlin ist voll von Ihnen! Nun, wohl bekom̅s! Mich g’freuts!

Nun eine kleine Frage: wenn Salome wirklich so großen Erfolg hat u. beide Male ausverkauft war, warum wollen Sie sie erst am 27. Dez. wieder geben? Ist es klug, eine Pause von 12 Tagen eintreten zu lassen? Ich kenne ja die Dresdner Verhältnisse nicht; hier in Berlin wäre es unmöglich, nach solchem Erfolge ein Werk eine Woche vom Repertoir wegzulassen, 6 Wochen lang müßte hier das Werk 2 bis 3 mal auf dem Spielplan erscheinen, soll das Publikum wirklich an den Erfolg glauben. Auch aus wärtige [sic] Intendanten verfolgen nunmehr aufmerksam Ihr [1v] Repertoir. Und sieht so ein Theaterdirektor die zweite Woche nach der Première eine Dresdner Theaterwoche ohne Salome, heißt’s sofort: aha, das Werk macht keine Kasse etc.

Ich bitte dringend, erwägen Sie diese Umstände, von denen jetzt Alles abhängt für das fernere Schicksal des Werkes u. geben Sie’s wenigstens ei[n]mal in dieser nächsten Woche.

Von der Weihnachtswoche ab muß nach meiner Ansicht Salome zweimal in jeder Woche auf dem Dresdner Repertoir stehen, soll auch eine weitere Öffentlichkeit an das Werk glauben (diese Art Publikum, die erst anfängt in ein Stück zu gehen, wenn auf dem Theaterzettel steht: zum 25., zum 50.ten Male).

Sie verstehen mich. Bitte nützen Sie den Salomeerfolg nach Kräften aus: eine Theaterleitung hat allein das Schicksal eines Werkes in der Hand nach der ersten Aufführung. Und nach solchem Erfolge [2r] kann es nicht schwer sein, ein Werk auch etwas [zu] poussiren.

Ich verlasse mich auf Ihre bewährte Freundschaft u. bitte Sie herzlich von diesen Zeilen auch Seiner Excellenz dem Grafen Seebach Mitteilung zu machen.

Auch wenn Sie im Januar wieder Feuersnot in’s Repertoir aufnehmen wollten, könnte mir sehr nützen, auf den Theatern mal etwas festen Fuß zu fassen. Feuersnot mit einem andern Stück zusam̅en: Barbier von Bagdad, Abreise etc.

Salome bleibt wohl am besten allein!

Bitte thuen [sic] Sie jetzt ein übriges u. legen Sie sich noch ei[n]mal ein bischen für mich in’s Zeug. Ich bin d [?]unbescheiden, aber Sie haben mich verwöhnt, nun können Sie nicht mehr zurück.

Anfang Januar kom̅e ich mit meiner Frau, die sich kolossal auf Salome freut. Tausend Grüße
Ihres
dankbarst ergebenen
RichardStrauss.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Claudia Heine

Quellennachweis

  • Original: Bayerische Staatsbibliothek (München), Signatur: Ana 330.I.Schuch, Ernst von, Nr. 13 (Autograph) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
    • Autopsie: 2017-12-22

    • Reproduktionen:

      • Richard-Strauss-Archiv (Garmisch-Partenkirchen), ohne Signatur

        • Autopsie: 2016-11-15

Bibliographie (Auswahl)

  • Edition in Gabriella Hanke Knaus (Hrsg.), Richard Strauss – Ernst von Schuch: Ein Briefwechsel (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 16), Berlin, 1999, S. 88–89.
  • Faksimile in Gabriella Hanke Knaus (Hrsg.), Richard Strauss – Ernst von Schuch: Ein Briefwechsel (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 16), Berlin, 1999, S. 90–92.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d03903 (Version 2019‑04‑12).

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