Liebster Schuch!
Ich überlege mir im̅er, wie ich Ihnen für letzten Sonnabend noch besonders danken soll. Da aber ein Briefbogen keine Orchesterpartiturseite, versagt meine Instrumentationskunst u. ich weiß mir nicht anders zu helfen, als einer solchen Vollendung gegenüber, wie sie Sonnabend von Ihrer Interpretationskunst geboten wurde in der Wiedergabe meiner Salome-Partitur einfach jedes Lob verstum̅en zu lassen u. einfach zu sagen: tausend, tausend Dank Ihnen u. Ihrer herrlichen Künstlerschaar [sic]. Was Sie Alle geleistet haben, wissen Sie selbst am besten, wie enthusiastisch es von allen Seiten anerkannt wird, sehen Sie u. daß es mir möglich war, vollständig kritiklos der Aufführung beizuwohnen u. nur bewun[1v]dernd zu genießen, – jeder produktive Künstler, der nicht in der Lage ist, selbst auch sein Werk ganz nach seinen eigenen […]Intentionen zu reproduziren, wird Ihnen sagen können, was das heißt. »Heut hast Du’s erlebt« konnte ich mit Wotan singen. Nur daß ich es nicht für möglich für [?] gehalten habe, daß bei der ersten Aufführung eines so eminent schwierigen Werkes eine solche Vollendung der Wiedergabe mit dem Stempel absoluter Mühelosigkeit zu erzielen sei, das müßen ich Ihnen noch sagenSie noch wissen!. Da Sie im̅er so liebenswürdig waren, auf das Einverständniß des Componisten das größte Gewicht zu legen, macht es Ihnen vielleicht Freude, wenn ich Ihnen sage, daß Sie meine höchsten Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern [2r] in ungeahnter Weise übertroffen haben. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen, darum nochmals innigsten Dank!
Leider kann ich morgen u. Donnerstag dienstlich hier nicht abkom̅en, wäre Ihnen aber verbunden, wenn Sie mir über den Verlauf, Erfolg u. Besuch dieser beiden Vorstellungen eine kurze Nachricht geben würden.
Meine Frau grüßt mit mir aufs herzlichste; ich bin für ewige Zeiten
Ihr in dankbarer Bewunderung
treu ergebener
DrRichardStrauss.
Dr Schnitzler hat bereits mit Excellenz von Seebach conferirt: es ist aller Aussicht, daß ein Gesam̅tgastspiel mit ganzem Orchester nach Schluß der Saison in Cöln sich financiell reali[2v]siren läßt: einer der anwesenden Engländer will versuchen, ob sich im Anschluß an Cöln nicht [e]in 3 tägiges Gesam̅tgastspiel in London ermöglichen läßt. Wie denken Sie darüber, wenn durch Subscription die materielle Seite vollständig in Ordnung gebracht würde?