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Brief
Richard Strauss an Romain Rolland
Freitag, 10. November 1905, Berlin

relevant für die veröffentlichten Bände: I/3b Salome (Weitere Fassungen)

[1r] Monsieur Romain Rolland
Paris
162 Boulevard Montparnasse

[1v]


remercie pour toute la peine que j’ai prise de revoir le texte de la Salome

– Déplore les misérables traductions allemandes qui ont été faites des œuvres de Berlioz, Bizet, Boieldieu, Auber, Meyerbeer. – Annonce l’envoi de son portrait.


[Seitenwechsel]

Lieber Freund!

Ich danke Ihnen von Herzen für die viele aufopfernde Mühe, die Sie sich mit meiner Salomé genommen haben u. bin sehr erfreut, daß Sie mit meiner Übertragung im ganzen zufrieden waren u. das Werk Ihnen gefällt. Den ganzen Umfang meiner Arbeit werden Sie erst ermessen, wenn Sie die deutsche Ausgabe zur Hand haben werden u. vergleichen, wie ich Rytmik [sic] u. Melodik zu Gunsten des Charakters der französischen Sprache abgeändert habe. Ich hoffe damit, in so ferne etwas vorbildlich zu wirken, als ich hier zum ersten Male kund getan habe, daß nur der Componist selbst, bei genauer Kenntniß der fremden Sprache oder bei so gütiger Hülfe wie der Ihrigen, derartige Übertragungen vornehmen kann. Was leiden bei uns die besten französischen Opern von Berlioz, Bizet, Boieldieu (ganz besonders auch Auber u. Meyerbeer) unter diesen entsetzlichen Übersetzungen!! Und Meyerbeer, [Seitenwechsel] der so reich u. zudem selbst Deutscher war, hätte doch wahrlich dafür Sorge tragen können, daß seine Opern in Deutschland nicht in so unwürdiger Übertragung aufgeführt werden. –

Ich habenunmehrhabe nunmehr die meisten Ihrer Bemerkungen noch eingetragen: die meisten Stellen, wo Sie »mal français« anmerkten, stehen wörtlich so in Wilde’s Original u. ich glaubte kein Recht zu haben, Wilde’s Anglicismen zu verbessern.

Die vielen Wiederholungen: il va arriver un malheur etc. stehen auch, nur noch viel mehr, bei Wilde, gehören hier fast zum Stÿl, sodass ich sie nicht ganz umgehen wollte und sie wenigstens ab u. zu beibehielt.

Salomé: Je veux qu’on – m’apporte dans un bassin d’argent

Diese falsche Deklamation habe ich an dieser Stelle, um derselben etwas dämonisches und perverses zu geben, absichtlich gemacht. Muß ich’s ändern oder kann es in diesem Falle stehen bleiben? [Seitenwechsel] Jedenfalls danke ich Ihnen herzlich für Alles, ich habe an der interessanten Correspondenz mit Ihnen sehr viel gelernt.

Ich habe vor einigen Tagen eine sehr gute Portraitradierung von meinem Kopf benom̅en [sic]: würde Ihnen dieselbe Freude machen, wenn ich Sie bäte, das Bild von mir als kleines Zeichen meiner Dankbarkeit anzunehmen?

Mit herzlichen Grüßen
Ihr
aufrichtig ergebener
DRichardStrauss.

Ich dirigire am 25. März bei Colonne!

Bemerkung

Der Brieftext ist vollständig in lateinischer Schrift verfasst.

Die Originale der autograph verfassten Briefe Strauss’ an Romain Rolland und ihre Signatur(en) konnten trotz mehrfacher Rechercheanfragen an die Bibliothèque Nationale de France nicht ausgehoben werden; der Fonds Romain Rolland scheint bisher nicht vollständig inventarisiert (Stand Januar 2021). Sachdienliche Hinweise hierzu nehmen die Mitarbeiter*innen der Richard-Strauss-Ausgabe gerne entgegen.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Claudia Heine

Quellennachweis

  • Original: Bibliothèque Nationale de France (Paris), Sammlung: Fonds Romain Rolland, Signatur: [unbekannt] (Autograph)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
      • unbekannt (handschriftlich)
      • unbekannt (gestempelt)
      • Romain Rolland (handschriftlich)
    • Autopsie: Keine Autopsie des Originals.

    • Reproduktionen:

      • Richard-Strauss-Archiv (Garmisch-Partenkirchen), Signatur: [ROMAIN ROLLAND, o. Nr.] (Transkriptionsgrundlage)

        • Autopsie: 2017-11-15

      • Bayerische Staatsbibliothek (München), Signatur: Ana 330.I.Rolland, Nr. 15

        • Autopsie: 2019-12-05

Bibliographie (Auswahl)

  • Edition in Franz Grasberger (Hrsg.) / Franz Strauss (Mitarb.) / Alice Strauss (Mitarb.): Der Strom der Töne trug mich fort: Die Welt um Richard Strauss in Briefen, Tutzing, 1967, S. 165–166.
  • Edition in Romain Rolland / Richard Strauss / Maria Hülle-Keeding (Hrsg.), Richard Strauss - Romain Rolland: Briefwechsel und Tagebuchnotizen. Einleitung von Gustave Samazeuilh (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft München, Bd. 13), Berlin, 1994, S. 110.
  • Übersetzung in Romain Rolland / Richard Strauss / Gustave Samazeuilh (Hrsg.), Richard Strauss et Romain Rolland.: Correspondance. Fragments de Journal. Avant-propos de Gustave Samazeuilh (= Cahiers Romain Rolland, Bd. 3), Paris, 1951, S. 78–79.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d03900 (Version 2021‑09‑29).

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