Lieber Freund!
Der Kaiser hat soeben meinen neuen Kontrakt genehmigt, wonach ich künftig nur mehr vom 5. Oktober bis 1. Mai Dienst, also außer einem Wintermonat noch fünf Monate Sommerferien habe.
Diese Großmut S. M. beschränkte natürlich meinen Winterurlaub noch mehr als vorher. Ich kann Dir daher weder für 27. November noch für 22. Januar ein Versprechen geben.
Am 17. März bin ich in Mannheim, wenn Du mich daher am 16. oder 18. März haben willst, stehe ich mit Freuden zur Verfügung. Mit den anderen Monaten steht’s faul, um so mehr, als ich für die diversen Salome-Premieren noch etwas freie Hand lassen muß.
Aus Salome wäre der kurze Tanz der Salome und ihr großer Schlußgesang fürs Konzert geeignet. – Die Dresdner Premiere circa Ende November.
Ein Konzert in Frankfurt und Wiesbaden schwebt noch in der Luft; wenn sie fixiert sind und es ergibt sich eine Möglichkeit, daß ich von da nach Heidelberg rutsche, so melde im mich.
Entschuldige mich, lieber Freund, aber es geht diesmal wirklich schwer. Ja, vom 1. Mai ab, da stände ich gern zu Deiner Verfügung, bevor ich nach Rom gehe.
Berlioz erscheint jetzt! Sobald er heraus, schicke ich ihn Dir.
Mit herzlichen Grüßen von Haus zu Haus
Dein Richard Strauss
der Doktor
1 | Datierung fälschlich, korrekte Datierung erst mit Autopsie des Originals möglich, Datierung mit Sommer oder Frühherbst 1905 aufgrund des Briefinhalts jedoch naheliegend. |