Sie betrachten gerade die aktuelle Version 2019-04-12 dieses Dokuments.

Brief
Richard Strauss an Ernst von Schuch
Samstag, 15. Juli 1905, Marquartstein

relevant für die veröffentlichten Bände: I/3a Salome

[1r]

Hochverehrter Freund u. College!

Es hat mir so leid getan, daß wir uns verfehlt haben: ich habe Sie Anfang Juni mal in Dresden antelefoniert, da hieß es, Sie seien in London, man wußte aber Ihre dortige Adresse nicht, hätten Sie mir mitgeteilt, wann Sie durch Berlin durchgefahren sind, ich wäre gerne an die Bahn gekom̅en. Nun sitze ich bis Ende September hier, kom̅en Sie nicht in’s bairische oder österreichische diesen Som̅er? Können wir uns nicht Rendevous geben? Ich liege an Route MünchenSalzburg, von Station Übersee geht eine kleine Lokalbahn nach Marquartstein. Wir haben ein ganz nettes Fremdenzim̅er u. könnten [1v] Sie ganz leidlich beherbergen; wir könnten dann Alles in Ruhe durchsprechen!

Mit Ausnahme des Tanzes ist Salome in Partitur u. Klavierauszug im Stich; ich rechne bestim̅t darauf, Ihnen bis 1. September einige Notklavierauszüge aus Correkturbogen herstellen lassen zu können, damit sofort mit dem Studium der wichtigsten Partien: Salome (Wittich)
Herodes (Burrian)
Johannes (Perron)
begonnen werden kann. Die kleineren Partien sind leicht in 3 Wochen zu bewältigen, Chor ist keiner drin, das Orchestermaterial dürfte bis 1. November spätestens fertig [2r] sein, so daß die Oper so circa 20. November herauskom̅en könnte.

Salome ist mit großem Orchesterapparat so anspruchsvoll geworden, daß sie nur von einer hochdramatischen Sängerin erster Klasse zu bewältigen sein wird. Experimente mit kleinen Würmchen sind absolut ausgeschlossen: bleibt also nur Frau Wittich, wenn [Sie] nicht über ein anderes Stim̅phänomen von reichster Darstellungskraft, fertigem Stylgefühl u. ausgereifter Routine inzwischen verfügen.

Nun lassen Sie bald Gutes von sich hören, am besten kom̅en Sie selbst, hier ist’s sehr schön, prachtvolle Luft, ein Ort für erholungsbedürftige Musikanten wie geschaffen –
u. herzlichste Grüße Ihres aufrichtig ergebenen
DrRichardStrauss.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Claudia Heine

Quellennachweis

  • Original: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek (Dresden), Signatur: Mscr.Dresd.App.2839,7 (Autograph) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
    • Autopsie: Keine Autopsie des Originals.

Bibliographie (Auswahl)

  • Edition in Gabriella Hanke Knaus (Hrsg.), Richard Strauss – Ernst von Schuch: Ein Briefwechsel (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 16), Berlin, 1999, S. 67–68.
  • Genannt/Verzeichnet in Ekaterina Smyka, »Neu entdeckte Briefe von Richard Strauss an Ernst von Schuch: Aus Dresdner Sammlungen«, in: Richard Strauss-Jahrbuch 2012: Aus Anlass des 100. Todestages von Gustav Mahler im Jahr 2011, Tutzing, 2012, S. 65–102, S. 95.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d03862 (Version 2019‑04‑12).

Versionsgeschichte (Permalinks)