Brief
Gustav Mahler an Richard Strauss
Samstag, 8. Juni 1895, Steinbach (Attersee)

relevant für die veröffentlichten Bände: III/7 Till Eulenspiegels lustige Streiche
[1r]

Lieber Freund!

Ihren Brief bekam ich hier in meinem Som̅erpalais, wo ich mich mich [sic] bereits seit einigen Tagen befinde. Daß ich Ihnen nicht geschrieben, hatte einzig und allein den Grund, daß ich Ihnen nichts zu schreiben hatte. Die Matiné fand nicht statt; ich bin nämlich indessen mit Pollini gänzlich auseinandergerathen, und habe auch vor einigen Wochen um meine Entlassung gebeten. Dieselbe ist bis jetzt nicht erfolgt – mein Gesuch ist sogar ohne jede Antwort geblieben. – Welchen Grund dieses Vorgehen hat, kan̅ ich zunächst noch nicht enträthseln.

[1v] Entweder will mich Pollini unter keiner Bedingung entlassen, und schneidet so jede Discussion darüber ab; oder aber er sucht in aller Stille nach einem Nachfolger und giebt mir erst dan̅, bis er einen solchen gefunden oder nicht gefunden, einen Bescheid. –

Daher gehören bis jetzt, alle meine weiteren Bestrebung[en], Ihrem Schaffen die verdiente Publicität zu erringen, nur dem Gebiete der from̅en Wünsche an. – Wie dem auch sei, ob ich in Hamburg bleibe, oder demnächst einen anderen [2r] Wirkungskreis finde: Sie wissen, daß ich alles nach dieser Richtung aufbieten werde, was in meinen Kräften steht. Dazu würde mich, wen̅ schon gar nichts Anderes, die Ihre die Ihnen schuldige Dankbarkeit verpflichten. Sie sind wirklich bis jetzt der einzige aller meiner Fachgenossen, der von meinen Productionen Notiz nim̅t; (und hoffentlich auch weiter nehmen wird.) –

Daß eine neue »sinf. Dicht[ung]« wieder angekom̅en, ist ja prachtvoll! Wo bringen Sie den̅ nur all die Zeit zusam̅en? Sie sind wol der productivste von uns Allen. [2v] Einigermaßen verwundert hat mich der Titel, da mir bekan̅t war daß Sie diesen Stoff dramatisch verarbeiten wollten! Wie hängt dieß zusam̅en? –

Ende August kom̅e ich durch München (resp. Bayern) durch; da werde ich mir es nicht versagen, Sie aufzusuchen, falls Sie [sich] irgendwo dortherum befinden! Nicht wahr, Sie laßen mich es jedenfalls wißen, wo ich Sie treffen kan̅.

Meine Schwestern erwiedern [sic] Ihre Grüße vielmals. Weingartner bleibt nun doch, wie man liest? Na, – jetzt kan̅ also Berlin wieder ruhig schlafen! Herzlichst Ihr

Gustav Mahler

Ihre Frau grüße ich vielmals.
Übersehen [Sie] nicht die jetzige Adresse..

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Schenk, Stefan

Quellennachweis

  • Original: Unbekannt (Autograph)

    • Hände:

      • Gustav Mahler (handschriftlich)
    • Autopsie: Keine Autopsie des Originals.

    • Reproduktionen:

      • Richard-Strauss-Archiv (Garmisch-Partenkirchen), Signatur: [GUSTAV MAHLER, Nr. 38] (Transkriptionsgrundlage)

        • Autopsie: 2016-11-15

Bibliographie (Auswahl)

  • Edition in Richard Strauss / Gustav Mahler / Herta Blaukopf (Hrsg.), Briefwechsel: 1888-1911, Bd. Erweiterte Neuausgabe, 2. Auflage (= Piper Serie Piper; 767), München u.a., 1988, S. 47–48.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d03200 (Version 2025‑06‑04).

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