[1r]
Feldbergstrasse. 38
Lieber Freund,
ich zehre noch an dem gestrigen Zusammensein mit Ihnen! Als ich Sie gestern verließ, gingen mir noch lange unsre Gespräche durch den Kopf. Ich konnte in der Bahn lange den Schlaf nicht finden, trotz meines ausgezeich[1v]neten Platzes, u. als er – der Langersehnte – sich einstellte rasten die Gedanken erst recht durch das Gehirn des Träumers. Bald war ich in Aegypten, bald in Guntram’s Kerker. Kurzum Sie haben so eine kleine Revolution in mir angezettelt u. dafür sollen Sie gestraft werden u.z. dadurch, daß Sie mir eine Suite, ja, ja »Suite« sage ich, eine »ägyptische Suite«, schreiben. Der Stoff ist [2r] ja herrlich u. Sie bleiben ganz in Ihrem Fahrwasser: Programm-Musik! 4–5 Stimmungsbilder, darunter z.B.: Im Tempel zu Memphis Die Sphinx Auf dem Nil u.s.w.
Ich erzittere vor Erregung, wenn ich bedenke was Sie mit diesem Stoff in Verbindung mit meinem Cello machen können. Strauss Sie sind ja ein so göttlicher Kerl, enttäuschen Sie [2v] mich um Gotteswillen nicht, durch ein ablehnendes Verhalten. Ich bringe Sie sonst um! – Schreiben Sie mir einige Worte, wie Sie über die Idee denken. – Haben Sie sich die D-Dur Fuge angesehen? Mit den 5 Sonaten muß es auch werden. Ich drücke Ihnen fest die Hand als
Ihr
getreuer
Hugo Becker