Brief
Richard Strauss an Eugen Spitzweg / Jos. Aibl [Musikverlag]
Dienstag, 4. Juli 1899, Marquartstein

relevant für die veröffentlichten Bände: III/4 Macbeth, III/5 Don Juan
[1r]

Lieber Freund!

That mir leid, Dich nicht in München gesprochen zu haben; ich bleibe nun bis Ende August hier u. werde Dich Ende Juli einmal in Reichenhall besuchen, wenn Du mir nicht das Vergnügen machst, vorher einmal hierher zu uns zu kom̅en. – Lieber Freund! Bei einem Gesetz, das für 300 Verleger u. 400 Componisten gemeinsam gemacht wird, kann es einen einzelnen selbständigen Faktor nicht geben, da wirst Du ebenso Concessionen machen müsse, wie es wir u. Herr Bock, (der sich seit 20 Jahren schon alle seine Aufführungsrechte vorbehalten hat u. jetzt freiwillig darauf verzichtet hat, weil er ihre Wertlosigkeit erkannt hat), dauch getan haben. Na darüber mündlich! –

Was Herrn von Hase betrifft, so schimpfe ich auf ihn, eben weil ich Euren Stand schätze, der durch die Gaunereien [1v] dieses Herren in der schlim̅sten Weise discreditirt wird u. den Ihr möglichst bald hinausschmeißen müsst, wollt Ihr nicht als »Verein deutscher Musikalienhändler« gleichbedeutend mit einer Horde Spitzbuben erscheinen. Discretion hast Du hier nicht nötig, da ich leider einen ellenlangen Wahrheitsbeweis für meine Behauptungen antreten kann. Werft ihn hinaus, es ist höchste Zeit, ihn u. seine saubere Firma, da er nicht soviel Anstand hat selber zu gehen, nachdem sogar 100 seiner Collegen ihn so doch desavouirt haben. Soviele hatten sich nämlich bei meiner Abreise von Berlin schon der Bockschen Erklärung angeschlossen. – Na, aber ist schriftlich Alles zu umständlich!

Für heute nur noch Eines: ich soll (mit meiner Frau zusam̅en) am 17. u. 19. Oktober in München zwei [2r] Kaimconcerte dirigiren, die als Program̅ nur Compositionen von mir enthalten sollen. Ich beabsichtige Macbeth, Don Juan, Tod u. Verklärung, Zarathustra u. Don Quixote zu machen. Da es mir nun (nach Correspondenz mit Otto Bauer, der die Sache (die eine Art Protest gegen die musik. Akademie sein soll) vermittelt, ausgeschlossen erscheint, daß Dr Kaim für die 2 Concerte, zu denen er mir ein Orchester von 85 Mann stellen will, das Material von Dir käuflich oder (nach Deiner neuesten Methode) leihweise zu 80 Mark pro Stück erwirbt, so frage ich bei Dir an, ob Du mir für diese 2 Concerte das Orchestermaterial leihweise gratis, also mir persönlich zur Verfügung stellen willst, für den Fall, daß ich Dr Kaim nicht dafür gewinnen kann, dafür etwas zu bezahlen, was ich unter allen Umständen versuchen werde, wenn ich mir auch wenig Erfolg davon verspreche. Willst Du mir in dieser Ausnahmessache Plein pouvoir zur Unterhand[2v]lung geben?

Bitte um kurzen Bescheid u. zwar direct an mich!

Mit besten Grüßen von Haus zu Haus

Dein

alter getreuer, aber

eben auch in Sachen des Urheberrechts fortschrittlicher

Rich. Strauss

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Stefan Schenk

Quellennachweis

  • Original: Münchner Stadtbibliothek (München), Sammlung: Monacensia, Signatur: Strauss, Richard A I/123 (Autograph) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
    • Autopsie: 2011

Bibliographie (Auswahl)

  • Genannt/Verzeichnet in Günter Brosche (Hrsg.) / Karl Dachs (Hrsg.): Richard Strauss: Autographen in München und Wien. Verzeichnis (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 3), Tutzing, 1979, S. 239.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d02928 (Version 2018‑01‑26).

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