Brief
Richard Strauss an Johanna von Rauchenberger
Samstag, 11. November 1893, Weimar

relevant für die veröffentlichten Bände: III/7 Till Eulenspiegels lustige Streiche

[1r]

Mein liebes Schwesterlein!

Tausend Dank für deinen liebevollen Brief! Ich hatte viel zu tun. Montag Concert, Dienstag Hagbard u. Signe, morgen ist Tannhäuser mit einigen Scherereien mit Bühnenmusik etc., viel Correspondenz mit Mottl wegen seiner Oper, mit Possart wegen Guntram.

Possart wollte mit General Zoller sprechen, wegen Verschiebung des Wieland, dessen Aufführung vom Cabinet aus befohlen war, auf 1. Mai, sodaß Guntram Anfang März heraus käme. Denn ich habe ihm die Erstaufführung nur unter dieser Bedingung versprochen. Wenn es sich so regelt, kom̅e ich am 21. Nov. nach München u. bleibe bis 27. um Klavierproben zu halten. Gesangspartien sind fertig. Wie weit ist Kraßel? Er soll sich beeilen!

Sprecht bitte mit Böckmann, wie lange derselbe brauchen würde (er müßte sich aber verpflichten!) um die Partitur des I. Aktes fertig zu schreiben! Fuchs läßt jetzt das Textbuch drucken!

[1v] Mein Concert am Montag war sehr schön; die Adur Sinfonie hatte einen Riesenerfolg, das Publicum war ganz toll u. rief mich dreimal heraus! Halir spielte sehr schön, Gießen sang leidlich, Alles ging famos, nur Bronsart war über den letzten Satz der Adur unglücklich, der ihm Anfangs zu langsam u. am Schlusse zu rasend war. Das Orchester war ganz begeistert!

Jetzt unterhalte ich mich mit der Militärkapelle wegen Bühnenmusik, die mit der Ritterschen Kapelle durchaus nicht geht! Ach, war das vorgestern eine Tannhäuserprobe! Ich kann diese Pimperlwirtschaft kaum noch mit ansehn! In Frankfurt hat Don Juan einen Bombenerfolg gehabt, Tod u. Verkl. wurde Donnerstag in Mannheim u. wird nächstens in Würzburg gespielt!

An der Zeitungsnotiz über mich bin ich unschuldig! Sie scheint [2r] aus Berlin zu kom̅en, Halir hatte es auch dort erfahren! Viel Vergnügen zu Gluth!

Sonst geht es mir gut, wenn mir auch die Kälte schon sehr unangenehm ist! Brrrr!

A propos! Wie schreibt Kraßel? Gut? Correct? Er soll die Dublirstim̅en einem zweiten Copisten übergeben u. sehen, daß die Partitur bis Ende November in meinen Händen ist, denn die muß doch auch noch abgeschrieben werden! Was ich so anders thue! Nichts! Öfters bin ich bei Fräulein Paulinchen eingeladen u. sonst blase ich eben Trübsal u. Langeweile! Zum Arbeiten fehlt mir auch die Lust! Ha, hoffentlich kom̅ts einmal wieder anders! Sorgen u. Kum̅er über mich braucht Ihr euch auch nicht zu machen, wer weiß, wofür’s gut ist, daß ich nicht nach München [2v] kom̅e!

Morgen kom̅t Robert, mich zu besuchen! Im Erbprinzen, wo das Essen sehr gut ist, habe ich jetzt das Salonbier von Pschorr eingeführt! Ausgezeichnet!

Bitte grüßt Pschorrs vielmals, auch alle Freunde u. seid selber tausendmal gegrüßt

von

Eurem

R.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Schenk, Stefan

Quellennachweis

  • Original: Bayerische Staatsbibliothek (München), Signatur: Ana 330.I. Strauss, Familie, Nr. 340 (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
    • Autopsie: Keine Autopsie des Originals.

Bibliographie (Auswahl)

  • Genannt/Verzeichnet in Günter Brosche (Hrsg.) / Karl Dachs (Hrsg.): Richard Strauss: Autographen in München und Wien. Verzeichnis (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 3), Tutzing, 1979, S. 174.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d02493 (Version 2025‑06‑04).

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