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Brief
Richard Strauss an Franz Strauß
Freitag, 2. Oktober 1891, Weimar

relevant für die veröffentlichten Bände: III/4 Macbeth
[1r]

Mein lieber Papa!

Vor allem die allherzlichsten u. schönsten Glückwünsche zu Deinem Namenstag: Gesundheit, Friede u. alles Gute u. Schöne für den Winter, den ich dir rate, wenn er Dir nicht beköm̅t, einfach nach dem Süden zu entfliehen – dies ist das einzige Geschenk, das ich für Dich kenne u. welches ich dich dringend bitte, Dir selbst wenn es Dir paßt, zu dediciren.

Zur Feier deines Namenstages dirigire ich Samstag zum ersten Male wieder den Lohengrin, den Du ja im̅er so geliebt hast u. freue mich für Dich, daß Du ihn nicht mitblasen mußt.

Mit geht es ganz vortrefflich. Das Arbeiten beköm̅t mir, da ich hübsch solid bin u. um 11 Uhr zu Bette gehe, aus[1v]gezeichnet. Gestern habe ich Tristan I. Akt zum ersten Male mit dem ganzen Orchester probirt; es geht schon sehr gut u. die sehr peinlichen u. genauen Proben mit feinster Ausarbeitung aller Details scheinen dem Orchester beinahe Spaß zu machen. So ändern sich die Zeiten! Meine Nuancirung bewährt sich famos, der Sänger wird nun nirgends mehr gedeckt. Zeller wird seine Sache, wenn er die Ruhe behält u. sich nicht übernim̅t, brillant machen, auch die anderen Mitglieder Tibelti (Brangäne) u. Bucha (Marke) machen mir viele Freude.

Brandt, der gegenwärtig in Davos ein Theater baut, freut sich auch kolossal auf Tristan.

Bronsart, der soeben von München zurückkom̅t, ist noch im̅er sehr nett u. denke ich, daß wir uns schon gut vertragen werden.

[2r] Von meiner Seite soll wenigstens Alles geschehen, um Frieden zu halten.

Am 2.ten März soll ich ein Concert in Berlin dirigiren, welches Stavenhagen gibt, u. Macbeth machen. Das wird eine schöne Hetz’ werden, darauf freue ich mich! –

Bronsart wird wahrscheinlich das Trauerspiel Virginia von Ritters Bruder geben, welches ich ihm empfohlen habe u. was ihm sehr gefallen hat.

So, nun sind die Neuigkeiten so ziemlich am Ende, außer daß wir herrliches Wetter haben u. ich bereits wieder am 3. Akte von Guntram weiterzuarbeiten angefangen habe.

Mein Flügel ist prachtvoll geworden; wie neu, weich u. rund im Ton, wundervolle Spielart u. freut mich riesig. Für heute lebt wohl, Ihr Lieben alle! Tausend herzliche

[2v]

Grüße an Dich, lieber guter Papa – Mama u. Hanna. Amüsirt Euch gut beim Rennen [?]!

Richard.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Stefan Schenk

Quellennachweis

  • Original: Bayerische Staatsbibliothek (München), Sammlung: Handschriften, Signatur: Ana 330, I, Strauss, Nr. 225 (Autograph) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
    • Autopsie: 2014-10-16

Bibliographie (Auswahl)

  • Edition in Richard Strauss / Willi Schuh (Hrsg.): Briefe an die Eltern 1882–1906, Zürich, Freiburg (Breisgau), 1954, S. 140.
  • Genannt/Verzeichnet in Günter Brosche (Hrsg.) / Karl Dachs (Hrsg.): Richard Strauss: Autographen in München und Wien. Verzeichnis (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 3), Tutzing, 1979, S. 163.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d02246 (Version 2017‑03‑31).