[1r]
Hochverehrter Herr Director!
Herzlichen Dank für Ihren liebenswürdigen Brief u. die freundliche Einladung, der ich mit Freude Folge leiste.
Vor 8 Tagen habe ich Tod u. Verklärung in Druck gegeben, in 14 Tagen folgt Macbeth, den ich noch nicht ganz in seiner neuen Fassung fertig instrumentirt habe, u. die beiden Stücke werden kaum vor März fertiggestellt sein können; ich weiß jetzt schon nicht, was ich mit Hermann Wolff anfange, der mir in einer günstigen Stunde, eigentlich gegen meinen Willen, das Versprechen abgepreßt hat, ihm das Manuscript von Tod u. Verklärung für den Januar zu überlassen.
Wenn Sie also auf meine bescheidene Bitte Wert legen wollen, so möchte ich also für den 3. Februar den Don Juan wählen, für den ich nach dem Kölner Erfolge der italienischen Sinfonie, die viel gefährlicher ist, gar keine Angst habe. Um den Abdruck des Gedichtes [1v] möchte ich Sie recht dringend ersuchen; dasselbe ist für das Verständniß meines Stückes von entscheidender Wichtigkeit. Etwaige Bedenken dürfte doch wohl der Name Lenau verscheuchen.
Gegenwärtig sitze ich bis über die Ohren in Rienzi‑Proben, den ich nächsten Sonntag in einer ganz neuen Fassung herausbringen will.
Mit herzlichem Dank u. besten Grüßen an Sie u. Ihre verehrte Familie
Ihr
verehrungsvoll ergebener
Richard Strauss.