Brief
Richard Strauss an Eugen Spitzweg / Jos. Aibl [Musikverlag]
Mittwoch, 19. November 1890, Weimar

relevant für die veröffentlichten Bände: III/6 Tod und Verklärung

[1r]

[Eugen Spitzweg:] Walter Viol. Concert
gestr. Stim̅en zu Ouvert. Wem die Krone1

[Richard Strauss:] Lieber Freund!

Von den Wagnerschen Partituren habe ich bis jetzt nur im Tristan folgende Bemerkung entdecken können:

»Der Besitz dieses Exemplares giebt nur dann ein Recht zur öffentlichen Aufführung des Werkes selbst, wenn der Besitzer durch eine nachweisliche Einigung mit dem Autor oder dessen Verleger dieses Recht mit erworben hat.[«](Breitkopf)

In den Nibelungen habe ich nichts finden können, Meistersinger besitze ich nicht.

Frau Concertmeister Halir hat unlängst mit großem Erfolg »Du meines Herzens Krönlein« aus schlichte Weisen in Berlin gesungen. Wanderers Sturmlied wurde unlängst in Barmen aufgeführt, u. kom̅t demnächst in Dortmund dran. Hat man das Material von Dir gekauft oder aus Köln gepumpt?

Wenn Du mir gleich einige Exemplare der neuen Ritterschen [1v] Lieder schicken würdest, wäre ich Dir sehr dankbar, da ich mich für ihre Verbreitung ordentlich in’s Zeug legen möchte.

Bezüglich einer Forderung über Tod u. Verklärung bin ich Dir gegenüber etwas in Verlegenheit; da das Werk das beste u. reifste ist, was ich geschrieben u. da ich voraussichtlich sobald nichts mehr componiren werde; da ich mich nun von der absoluten Musik ganz abwende, um mein Heil beim Drama zu versuchen, so möchte ich gern, da ich es bei meiner verflucht kleinen Gage auch nötig habe, ein hübsches Süm̅chen dafür haben, für Dich aber so die Hälfte von dem, was ich von einem fremden Verleger beanspruchen würde.

Überlege Dir, was Du mir eventuell dafür bieten kannst, vielleicht ließe es sich so machen, daß Du mir auf 3 oder 4 Jahre hinaus jährlich einen Teil davon abzahlst, ich habe dann länger etwas davon.

Eine directe Forderung kann u. mag ich für Dich nicht [2r] aufstellen, da ich auch nicht weiß, wie unsere Aktien stehen u. das verfluchte an meinen Sachen ist, daß man nie sicher ist, ob Sie sich nicht erst in 10 Jahren einmal rentiren u. ich Dich wirklich nicht gerne schädigen möchte.

Daß Du sonst so viel Ärger u. Verdruß u. zudem das häusliche Leid hast, betrübt mich sehr; na, es werden auch hellere Tage kom̅en.

Jedenfalls kannst Du stets rechnen auf treue Ergebenheit u. Unterstützung

Deines

aufrichtigen Freundes

RichardStr.

1Notiz von Eugen Spitzweg auf dem ihm zugegangenen Brief.
verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Stefan Schenk

Quellennachweis

  • Original: Münchner Stadtbibliothek (München), Sammlung: Monacensia, Signatur: Strauss, Richard A I/42 (Autograph) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
      • Eugen Spitzweg (handschriftlich)
    • Autopsie: Keine Autopsie des Originals.

    • Reproduktionen:

      • Ludwig-Maximilians-Universität (München), Sammlung: Forschungsstelle Richard-Strauss-Ausgabe

    Bibliographie (Auswahl)

    • Edition in Franz Grasberger (Hrsg.) / Franz Strauss (Mitarb.) / Alice Strauss (Mitarb.): Der Strom der Töne trug mich fort: Die Welt um Richard Strauss in Briefen, Tutzing, 1967, S. 55–56.
    • Genannt/Verzeichnet in Günter Brosche (Hrsg.) / Karl Dachs (Hrsg.): Richard Strauss: Autographen in München und Wien. Verzeichnis (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 3), Tutzing, 1979, S. 232.

    Zitierempfehlung

    Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d02181 (Version 2022‑11‑18).

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