Brief
Richard Strauss an Josephine Strauß
Montag, 10. November 1890, Weimar

relevant für die veröffentlichten Bände: III/4 Macbeth
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Liebe Mama!

Für heute will ich Euch nur ein ausgezeichnetes Geschäft mitteilen, das ich vorgestern gemacht habe; ich habe Euch mitgeteilt, daß ich Fürstner in Berlin meine Lieder: Mädchenblumen für 800 M. angeboten habe. Nun, der Kerl hat sie mir vorgestern wirklich dafür bezahlt u. ich kom̅e mir, nachdem ich zwei Monate bis jetzt nur von meiner Gage gelebt habe, wie ein Millionär vor. 800 M. für 4 Lieder! Man sieht, wie hoch ich gegenwärtig im Preise stehe. Der Jude Fürstner wollte anfangs handeln, da ich aber bedingungslos bei meiner Forderung blieb, hat er endlich in den Säckel gegriffen! Darob eitel Jubel im Junggesellenhaus Strauss. 60 M. davon sind allerdings schon wieder beim Teufel, da ich Samstag Nachmittag im Auftrag von Frau Wagner nach Altenburg fuhr, um dort einen Baritonisten für Bayreuth zu hören, den wir sehr wahrscheinlich aber auch hier engagiren werden.

[1v]

Gießen hatte drüben am selben Abend Probe zu einem Concert u. so fuhr er, u. zum Vergnügen auch Lassen mit u. es wurde ein bischen viel Sekt getrunken; sonst war’s aber ganz lustig.

Als wir gestern Sonntag Mittag nach Hause, stand plötzlich Zauberflöte am Repertoir u. ich musste Abends Takt schlagen. Wir haben zwei kranke Bassisten, Hennig u. Widey, u. darob größte Repertoirenoth. Hoffentlich bleibt aber Tannhäuser für nächsten Sonntag!

Zeller lernt jetzt reiten für den Rienzi u. wird außerdem im März in Carlsruhe dreimal gastiren als Tannhäuser, Lohengrin. Frl. de Ahna wird am 24. die Elvira u. am 30.ten das Evchen singen!

Nächste Woche habe wir Barbier von Bagdad u. Magd als Herrin von Pergolese (1 Akt.)

Am Macbeth habe ich bereits 41 Seiten neu instrumentirt, der wird jetzt flecken [?]!

Was sagte denn Ritter zu meinem Operntext? Hatte er viel auszusetzen? Der faule Hans wird am 20. Nov. schon in [2r] Dresden gegeben, außerdem in Köln, Aachen, Riga, Hamburg; das geht jetzt flott u. freue ich mich sehr darüber.

Gestern war hier großer Ulk, da einige Maler als indischer Prinz mit Gefolge am Bahnhof ankamen, von Gießen u. Kranack in Frack empfangen, Fahrt durch Weimar etc. Besichtigung des Schillerhauses, Interwiew durch fingirte Literaten aus Wien im russischen Hof; halb Weimar ist auf die Geschichte hereingefallen, alles grüßte, Militär machte Front etc.

Der Hof ist wieder hier, die Saison beginnt.

Heute ist der alte Gura hier, den ich jetzt im Künstlerverein treffen will.

Sonst Nichts neues, außer daß es mir recht gut geht! Und Euch?

Tausend Grüße an Dich, liebe Mama, Papa, Hanna, Ritters, Thuille (der mir auch einmal schreiben könnte, was treibt er denn?) Pschorr etc.

R.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Stefan Schenk

Quellennachweis

  • Original: Bayerische Staatsbibliothek (München), Sammlung: Handschriften, Signatur: Ana 330, I, Strauss, Nr. 202 (Autograph) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
    • Autopsie: 2014-10-16

Bibliographie (Auswahl)

  • Genannt/Verzeichnet in Günter Brosche (Hrsg.) / Karl Dachs (Hrsg.): Richard Strauss: Autographen in München und Wien. Verzeichnis (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 3), Tutzing, 1979, S. 161.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d02178 (Version 2017‑03‑31).

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