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Hochverehrtester Herr Director!

Durch meinen Verleger geht Ihnen dieser Tage die Partitur meiner sinfonsichen Fantasie: aus Italien zu, die ich Sie bitte, freundlichst durchsehen zu wollen. Ich weiß nicht, ob es zu unbescheiden ist, wenn ich auf Grund des liebenswürdigen Wohlwollens, das Sie, hochverehrter Herr Director, mir bis jetzt entgegengebracht haben, u. auch auf Grund des schönen Erfolges, der meiner Fmollsinfonie in Frankfurt vergönnt war, der Hoffnung Raum gebe, daß dies mein neues sinfonisches Werk, das im Januar im V. philharmonischen Concerte Bülow’s in Berlin von mir mit großem Beifall aufgeführt wurde u. Ende April [1v] von Hofkapellmeister Lassen in Weimar u. Jena gemacht wird – für nächsten Winter zur Aufführung in einem Museumsconcerte angenom̅en werden möchte. Darf ich, hochverehrter Herr Director, wenn Ihnen die Partitur gefällt, auf Ihre gütige Befürwortung rechnen? Manche Kühnheit u. Frechheit des letzten Satzes, der übrigens bei vollendeter Wiedergabe sehr lustig ist, bitte ich im Voraus gütigst zu entschuldigen. Wie viel mir daran liegt, daß das Werk in Frankfurt gemacht wird, werden Sie begreifen, wenn ich Ihnen sage, daß das Werk wegen seiner kolossalen Schwierigkeit nur wenigen Orchestern zugänglich ist. Also, hoffentlich findet die [2r] Partitur Ihren Beifall, für das übrige lassen wir Ihr vortreffliches Orchester sorgen.

Ich kom̅e im Som̅er leider nicht [nach] Frankfurt, da ich für den Urlaub 15. Mai bis 13. Juni Venedig ausersehen habe; im Übrigen stecke ich bis über den Kopf in Wagners »Feen«, die sehr interessant sind u. Ende Juni herauskom̅en sollen. Daß Levi wegen hochgradiger Nervosität in (vorläufig) 3monatlichen Urlaub gegangen ist, wissen Sie wohl.

Werde ich nicht das Vergnügen haben, Sie im Laufe des Som̅ers zur Ausstellung hier zu sehen?

Mit herzlichsten Grüßen

in ausgezeichnetster Hochachtung

Ihr ergebenster

RichardStrauss.