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Brief
Richard Strauss an Ernst von Schuch
Samstag, 27. August 1887, München

relevant für die veröffentlichten Bände: III/3 Aus Italien

[1r]

Hochverehrtester Herr Hofrat!

Schon wieder nahe ich, natürlich zu Anfang der Concertsaison, mit einem neuen sinfonischen Werke; das liebenswürdige Wohlwollen, welches Sie bisher meinen orchestralen Arbeiten entgegengebracht haben, ermuthigt mich zu der ergebenen Anfrage, ob Sie geneigt wären, meine neueste Arbeit: »Aus Italien«, sinfonische Fantasie für grosses Orchester (Gdur) in 4 Sätzen: 1.) Auf der Campagna (Lento) 4/4 2.) In Rom’s Ruinen (Allegro con brio) 6/4 3.) Am Strande von Sorrent (Andante cantabile) 3/8 4.) Neapolitanisches Volksleben (Allegro vivace) 2/4 [1v] in die Programme der Sinfonieconcerte der kgl. Kapelle für nächstes Jahr aufzunehmen. Die Partitur kann ich Ihnen leider nicht zur Ansicht senden, da sie soeben gestochen wird; das Werk erscheint ungefähr Mitte Oktober im Verlag von Jos. Aibl hier, Partitur sowohl, wie Orchesterstimmen. Ich glaube in der Fantasie keinen Rückschritt gemacht zu haben, Bülow hat das Werk bereits für die Berliner philharmonischen Concerte angenommen u. sich äußerst schmeichelhaft darüber ausgesprochen. – Sie würden, hochverehrtester Herr Hofrat, mich zu ungeheurem Danke verpflichten, wenn Sie das Interesse, welches Sie meinen bisherigen Arbeiten in so liebenswürdiger Weise entgegengebracht haben, auf meine neue [2r] sinfonische Arbeit auch ausdehnen würden; denn, daß ich es offen gestehe, das Werk gehört zu dem von Schwierigkeiten aufgehäuftesten, was die moderne Concertmusik hervorgebracht hat, u. kann es (leider) nur von einem genialen Dirigenten u. einem ersten Orchester ganz bewältigt werden. Daß nun bei der Umschau über deutsche Concertinstitute mein erster Blick auf die Dresdner Hofkapelle unter Ihrer Leitung gefallen ist, werden Sie begreiflich finden. Denn je kleiner der Kreis ist der Orchester, denen meine sinfonische Fantasie op. 16 überhaupt zugänglich ist, um so mehr muss mir daran liegen, daß mein »Italien« wenigstens von den [2v] Orchestern gespielt wird, die es vollendet wiedergeben können. Ich hoffe, Ihnen bis Anfang Oktober die Partitur zur Ansicht senden zu können, außerdem müßten Sie so freundlich sein, sich vielleicht bei Hofkapellmeister Levi, der die Fantasie sehr genau kennt, über den Werth des Stückes zu erkundigen. Die 1. Aufführung des Werkes als Manuscript in der hiesigen musikalischen Akademie habe ich selbst geleitet (1. März 1887); das Werk hat einen schönen, wenn auch wegen des mancherlei Neuen u. Ungewohnten in Form u. Inhalt vor den sog. strenggläubigen Musikern theilweise bestrittenen Erfolg gehabt.

Ihrer freundlichen Beantwortung meiner Bitte entgegensehend, mit herzlichen Grüßen

in ausgezeichnetster Hochachtung

Ihr stets dankbarer

RichardStrauss, k. Hofmusikdirektor.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Stefan Schenk

Quellennachweis

  • Original: Bayerische Staatsbibliothek (München), Signatur: Ana 330.I.Schuch, Ernst von, Nr. 3 (Autograph) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
    • Autopsie: 2017-12-22

Bibliographie (Auswahl)

  • Edition in Franz Grasberger (Hrsg.) / Franz Strauss (Mitarb.) / Alice Strauss (Mitarb.): Der Strom der Töne trug mich fort: Die Welt um Richard Strauss in Briefen, Tutzing, 1967, S. 36–37.
  • Edition in Gabriella Hanke Knaus (Hrsg.), Richard Strauss – Ernst von Schuch: Ein Briefwechsel (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 16), Berlin, 1999, S. 27–29.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d01821 (Version 2021‑04‑12).

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