Einleitung
Über die Motive, die Strauss bewogen, nach Macbeth eine Tondichtung Don Juan zu komponieren, wissen wir nichts. Alle Vermutungen sind spekulativ: seien es Hinweise auf sein Liebeserlebnis mit Dora Wihan,1 auf die frühe Beziehung mit seiner späteren Frau Pauline2 oder auf seine Wertschätzung von Paul Heyses Trauerspiel Don Juan’s Ende.3 Nicht sicher ist auch, welche Rolle Mozarts Don Giovanni in diesem Kontext spielte. Wir wissen lediglich, dass Strauss, wie der Untertitel des Stückes – »Tondichtung (nach Nicolaus Lenau) für großes Orchester« – belegt, auf die Hervorhebung Lenaus großen Wert legte und sich von Wilhelm Maukes Deutung, bei den in Don Juan geschilderten Frauengestalten handele es sich um »Zerlinchen«, »die Gräfin« und »Anna«,4 eher distanzierte.5 Wie auch immer: Die mythische Gestalt des rastlosen Verführers passte gut zu Liszts Forderung, Symphonischen Dichtungen bedeutende Stoffe zugrunde zu legen.6 Und vielleicht faszinierte Strauss auch das Potential des Sujets für eine Musik mit einer spezifischen Mischung aus Sonatenform (»männliches« vs. »weibliches« Thema) und Rondo (ein Held mit wechselnden Liebesepisoden). Gewiss dürfte dagegen sein, dass das Sujet im Münchner Freundeskreis diskutiert, möglicherweise sogar festgelegt wurde. Wie eng diese Gruppe, der unter der Führung Alexander Ritters vor allem Ludwig Thuille, Friedrich Rösch und Arthur Seidl angehörten,7 mit den frühen Tondichtungen verbunden war, lässt sich daraus ablesen, dass Strauss die ersten vier derartigen Werke ausschließlich den Mitgliedern dieses Kreises widmete: Den Anfang machte Ritter (Macbeth), dann folgten Thuille (Don Juan), Rösch (Tod und Verklärung) und Seidl (Till Eulenspiegel).
Natürlich sollte das neue Orchesterwerk wieder eine Tondichtung werden. Denn seit Macbeth wusste sich Strauss auf dem von ihm als richtig angesehenen Weg zu einem Komponisten im Geiste des Fortschritts. Die Kritik seines Mentors Hans von Bülow an seinen ästhetischen und kompositorischen Idealen gab ihm zwar zu denken, dürfte aber die Entscheidung, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen, eher befestigt haben. Auch die Schwierigkeiten mit Macbeth (für den Strauss letztendlich nicht weniger als drei Anläufe benötigte) bestärkten nur seinen Willen, sich unbeirrt auf die symphonische Dichtung zu konzentrieren. Das schien ihm, ganz im Einklang mit Ritter und den Münchner Freunden, die beste Strategie, sich die Musiksprache der Neudeutschen Schule zu eigen zu machen, um anschließend Wagners Erbe als Musikdramatiker anzutreten. Ganz in diesem Sinne schrieb er denn auch parallel zu den ersten Tondichtungen am Textbuch seiner ersten Oper Guntram.
Über den Beginn der Arbeit an Don Juan äußerte Strauss später, die ersten Themen seien ihm während einer »Italienreise nach Venedig«, und zwar in »Padua im Klosterhofe von S. Antonio« eingefallen.8 Gemeint ist der Urlaub, den Strauss während der Münchner Theaterferien vom 16. Mai bis 10. Juni 1888 in Italien verbrachte und der ihn nach Venedig, Padua, Bologna, Verona, Riva und Bozen führte.9 In Padua hielt er sich vermutlich vom 24. bis 26. Mai auf. Zu diesem Zeitpunkt hatte er freilich längst mit der Arbeit an der neuen Tondichtung begonnen. Wie seine Skizzen10 verraten, beschäftigte er sich unmittelbar nach der Vollendung der ersten Fassung von Macbeth, also wohl schon im Januar 1888, mit einem weiteren Orchesterwerk.11 Wahrscheinlich stand auch bereits fest, dass es Don Juan heißen sollte, weil Strauss ein dieser Person zugeordnetes Thema entwarf. Zwar musste er die Arbeit wegen der Neufassung von Macbeth bis Anfang Februar unterbrechen, dürfte sie aber danach kaum lange aufgeschoben haben. Die nächsten Skizzen zu Don Juan setzen auf der Rückseite eines Blattes ein, dessen Vorderseite Notizen zu dem Lied Mohnblumen op. 22,2 TrV 153,2 enthält; in der Reinschrift schloss es Strauss am 29. März 1888 ab. Als er einen Monat später, am 30. April 1888, an Emil Struth schrieb: »eine neue sinfonische Dichtung: Don Juan (nach Lenau) ist begonnen«,12 hatte er fraglos nicht übertrieben.
Wie weit er tatsächlich war, lässt sich schwer abschätzen; viel Muße wird ihm der Münchner Opernbetrieb kaum gelassen haben.13 Vermutlich hat Strauss die Komposition erst während seiner Italienreise im Frühjahr deutlich vorangetrieben; die Verbindung zwischen dieser Reise und einer recht intensiven Arbeitsphase war es wohl, die ihn später in seinen Erinnerungen zu der Annahme verleitete, ihm seien gerade während dieser Zeit die ersten Themen eingefallen. Als er am 10. Juni aus Italien nach München zurückkehrte, hatte Don Juan jedenfalls schon eine fest umrissene Gestalt angenommen. Seinem Onkel Carl Hörburger teilte er am 11. Juni, seinem 24. Geburtstag, mit, er habe »jetzt […] einen einsätzigen Don Juan (für Orchester) (nach Lenau’s Dichtung) entworfen.«14Auf der Basis dieses Entwurfs konnte Strauss nur wenige Tage später die Partitur in Angriff nehmen. Sie enthält auf der letzten Seite seinen eigenhändigen Vermerk: »Begonnen Mitte Juni, vollendet 30. September 1888«.15
Über den weiteren Entstehungsprozess sind wir kaum informiert. Im August musste Strauss die Arbeit unterbrechen, weil zur Silberhochzeit der Eltern am 29. August das Andante für Horn und Klavier TrV 155 zu komponieren war. Schon vorher hatte er Hans von Bülow getroffen und ihm neben Macbeth auch Don Juan (ganz oder teilweise) vorgespielt. Das Resultat: Bülow lehnte Macbeth, aber vermutlich auch Don Juan rundweg ab. In einem Brief vom 24. August 1888, in dem Strauss das gemeinsame Treffen resümierte, klagte er: »Macbeth ruht einstweilen stillresigniert in meinem Pulte begraben, die darin niedergelegten Dissonanzen suchen unterdessen sich gegenseitig aufzufressen. Don Juan wird ihm vielleicht bald Gesellschaft leisten.«16 Bülows Einstellung gegenüber Don Juan änderte sich erst später, als er das Stück zum wahrscheinlich ersten Mal vom Orchester hörte, nämlich bei einer Probe am 13. Januar 1890 für die Berliner Erstaufführung: Jetzt lobte er in einer Glückwunschkarte das »grandiose« Werk.17
Am 30. September 1888 schloss Strauss die Partitur von Don Juan ab. Die zweite Tondichtung war fertig, vermutlich arbeitete er bereits an der dritten, Tod und Verklärung, und auch die Arbeit am Guntram-Text schritt voran. Aufgeführt, geschweige denn gedruckt war jedoch noch keines der Werke auf der neuen, »ganz ureigensten Bahn«18, und auch in den folgenden Monaten sollte sich daran wenig ändern. Strauss’ vorrangiges Ziel war es, eine neue Stelle zu finden, nachdem ihn vor allem der erzwungene Verzicht auf die Leitung von Wagners Oper Die Feen in München tief gekränkt hatte. Um neues Terrain zu sondieren, entfaltete er im Winter 1888/89 eine intensive Konzerttätigkeit mit Auftritten in Dresden, Meiningen, Köln, Mannheim und Frankfurt/Main. Die Hauptwerke, die er aufführte, entstammten allerdings einer für ihn schon abgeschlossenen Periode: seine 2. Symphonie op. 12 TrV 126 sowie die Sinfonische Fantasie Aus Italien op. 16 TrV 147. Doch verlor er seine Tondichtungen nicht aus den Augen. Im Januar 1889 ließ er sich Macbeth in Mannheim zweimal vom Orchester vorspielen und schöpfte neuen Mut, weil das Stück »lange nicht so schrecklich wie auf dem Klavier« klang.19 Mit dem Leiter der Meininger Hofkapelle, Fritz Steinbach, plante Strauss sogar, in zwei Münchner Konzerten zusammen mit dem Pianisten Eugen d’Albert im Februar oder März 1889 Macbeth, Don Juan sowie (vermutlich) seine Burleske zur Uraufführung zu bringen.20 Doch das Vorhaben scheiterte – möglicherweise an Terminproblemen, aber vielleicht war sich Strauss auch seiner Sache nicht sicher. Überdies hatte er seinen Verleger Spitzweg noch nicht für den Druck der neuen Stücke gewonnen, wusste dieser doch von Bülows Skepsis. So blieben die Tondichtungen einstweilen unpubliziert in der Schublade, auch wenn Strauss während seiner Konzertreisen für seine jüngsten Produkte geworben haben dürfte. Vor allem während der Tonkünstlerversammlung des Allgemeinen Deutschen Musikvereins im Juni 1889 in Wiesbaden, wo Strauss mit Aus Italien als Komponist und Dirigent Aufsehen erregte, boten sich dafür zahlreiche Gelegenheiten. In München, vor allem im Freundeskreis um Ritter, kannte man natürlich Don Juan; dem Widmungsträger Ludwig Thuille lag die Partitur im Juli vor.21 Möglicherweise verständigte er sich mit Strauss bereits über die Herstellung des vierhändigen Klavierauszugs.
1888 hatte der Generalintendant des Weimarer Hoftheaters, Hans Bronsart von Schellendorf, ein guter Freund Hans von Bülows, den Vorsitz des Allgemeinen Deutschen Musikvereins übernommen. Am 20. Januar 1889 bot er Strauss eine Stelle als Kapellmeister an, und schon am 9. Februar griff dieser »mit Freude« zu, galt ihm doch Weimar, ehemals Wirkungsort Liszts, als »Zukunftsstadt«, in der er als »junger musikalischer Fortschrittler (äußerste Linke)«22nur allzu gerne wirken wollte. Strauss trat seinen Dienst am 9. September 1889 mit großen Ambitionen an; Aufführungen von Mozarts Zauberflöte, vor allem aber von Wagners Lohengrin bereits Anfang Oktober machten auf ihn aufmerksam. Inzwischen trugen auch seine Werbemaßnahmen für die neuen Tondichtungen Früchte: Aus Dresden erbat sich der dortige Hofkapellmeister Ernst von Schuch die Don-Juan-Partitur,23 und niemand anderes als Bülow, so ließ Strauss seinen Vater wissen, plante, am 10. Oktober Don Juan »in einer Berliner Orchesterprobe« zu spielen. Der stolze Komponist, der seit kurzem seinen Freund Friedrich Rösch und damit einen erstklassigen Propagator seiner Werke in Bülows Nähe wusste – tatsächlich hatte Rösch bei Bülow schon eifrig für Strauss’ Tondichtungen Stimmung gemacht24 –, bedankte sich artig und schickte die Orchesterstimmen in die Reichshauptstadt.25
Strauss selbst erhielt bereits wenige Tage nach der Weimarer Lohengrin-Aufführung Gelegenheit, seinem neuen Dienstherrn sowie seinem Kapellmeisterkollegen Eduard Lassen Macbeth und Don Juan auf dem Klavier vorzuspielen – mit dem Ergebnis, dass Bronsart dringend eine Uraufführung von Don Juan in Weimar wünschte.26 Zwar hatte Strauss wohl eher an Berlin gedacht, doch erstens war, wie er von Rösch erfuhr, die versprochene Bülow-Probe nicht zustande gekommen27, und zweitens konnte er es sich kaum leisten, der Aufforderung Bronsarts nicht zu entsprechen. So kam es am 11. November 1889 im 2. Abonnementskonzert in Weimar zur denkwürdigen Uraufführung von Don Juan unter Strauss’ eigener Leitung.28 Aus dem engeren Münchner Bekanntenkreis war offenbar lediglich Strauss’ Verleger Spitzweg angereist.29
Das Stück, so erfuhr der Vater, »klang zauberhaft und ging ausgezeichnet und entfesselte einen für Weimar ziemlich unerhörten Beifallssturm.«30Auch die Kritik war freundlich: Die Allgemeine Musik-Zeitung lobte die »Kühnheit der Konzeption« sowie die »Fülle von rhythmischen und instrumentalen Einzelheiten«. Das Werk sei »ungemein schwungvoll und von unmittelbar packender Wirkung«, es habe einen »grossartigen und sehr verdienten Erfolg« erzielt.31 Dem Rezensenten des Musikalischen Wochenblatts zufolge erregte Don Juan »lebhaftes Interesse und verschaffte dem Componisten einen dreimaligen Hervorruf, der umso ehrenvoller ist, als das Werk nicht nur an das Orchester, sondern auch an die Fassungskraft der Hörer ganz ungewöhnliche Anforderungen stellt. Die Themen sind fast durchweg reizvoll, originell und vornehmlich von grosser rhythmischer Prägnanz. Das sieghafte Thema des Helden, welches mannigfachen anderen von weiblichem Charakter wiederholt entgegengestellt wird, erhebt sich mehr und mehr in glänzendem Orchestercolorit zu wunderbarer Energie, der dann am Schluss ein Zusammensinken in tödtlicher Ermattung folgt. Die enormen Schwierigkeiten der Ausführung wurden von der trefflichen Capelle unter Strauss’ begeisternder Leitung in glänzendster Weise bewältigt, sodass die Wirkung eine unmittelbar zündende war.«32
Über die Schwierigkeiten, die Don Juan den Musikern des Weimarer Orchesters schon in den Proben bereitete, geben Briefe an den Vater beredte Auskunft.33 Trompeter und Hornisten hätten sich vor Anstrengung »ganz blau« geblasen, der 1. Klarinettist und die Kontrabässe noch nie in so hohen Lagen gespielt. Er selbst, so Strauss zufrieden, habe »wieder Fortschritte in der Instrumentation gemacht« und einen »wundervollen« Klang erzielt. Besonders stolz war er auf die Wirkung der Dämpfer in der »Oboenstelle« (T. 232–307) sowie auf die »Katerstelle mit dem Harfenbispigliando und den Bratschenponticellis« (T. 447–457; auch die 2. Violinen spielen hier sul ponticello). Strauss zielte, daran lassen seine Worte keinen Zweifel, auf einen mitreißenden Klang »von einer riesigen Glut und Üppigkeit«. Hier lag für ihn die Besonderheit des Stückes, nicht etwa in einer komplizierten Form oder einem ausgefeilten, motivisch-thematisch differenzierten Tonsatz. Nicht zufällig sprach er (im selben Brief) von Don Juan als »nicht eigentlich diffizil […]«, »nur sehr schwer und anstrengend«, während Beethovens Pastorale, die das Uraufführungskonzert beschloss, »so ungeheuer diffizil« sei. Und weil für den Erfolg von Don Juan der Klang den Ausschlag gab, kam es Strauss hier »auf fünfzig Noten mehr oder weniger […] nicht an«, während bei Beethoven, so vermutlich seine Überzeugung, jede Note zählte.
Nur einen Tag nach der Premiere von Don Juan kam Bülow nach Weimar, berichtete seiner Frau Marie vom »ganz unerhörten Erfolg« des Stückes und ließ sich, zusammen mit Eugen Spitzweg, am 13. November von Strauss dessen neueste Tondichtung Tod und Verklärung vorspielen. Sie gab ihm »wieder größeres Zutrauen« in Strauss’ Entwicklung.34 Möglicherweise erörterte die Runde auch schon eine Aufführung von Don Juan in Berlin. Doch zuvor war Dresden an der Reihe. Nicht Ernst von Schuch, sondern Kapellmeister Adolf Hagen leitete das 5. Symphoniekonzert der Königlichen Kapelle, in dem am 10. Januar 1890 mit Don Juan zum ersten Mal in der sächsischen Residenzstadt eine Tondichtung von Richard Strauss erklang.35 Der angereiste und eher skeptische Komponist36 zeigte sich, jedenfalls dem Vater gegenüber, sehr zufrieden: »Der Erfolg war anständig«, meldete er nach Hause, »das Applaudieren ist in Dresden nicht Mode […]. Ich bin sehr froh, daß das Stück nicht durchgefallen ist, wozu in Dresden jede Novität die größten Chancen hat.«37Die Kritik verhielt sich zurückhaltend: »In diesem Werk«, so las man in den renommierten Signalen für die Musikalische Welt, »zeigt der junge Componist wieder großes Talent, zeigt aber auch, daß das Kunstideal in ihm noch nicht zur Kunstrichtung geworden ist; originale Erfindung, eigene schöpferische Kraft treten noch selten hervor, dagegen aber eine zu absichtliche Düftelei und ein zu unzweideutiges Anlehnen an sein großes Vorbild Wagner, von dem er für seinen Don Juan viel geborgt hat: den Feuerzauber, den Liebestrank und den Venusberg – und doch hat er die Liebe zu schildern nicht vermocht, weil dies selbst empfunden, also echt sein muß, um geglaubt zu werden. Der kleine lyrische Zwischensatz, in welchem die Clarinette und Oboe die Melodieführung haben, ist übrigens von so bedeutender Schönheit, daß man darnach allein noch Großes von Rich. Strauß erwarten kann.«38Noch immer also gilt Strauss als Talent, dem die Originalität fehlt.
Solche Äußerungen und der verhaltene Applaus trugen mit dazu bei, dass Bülow die Dresdner Aufführung ganz unverblümt als »Durchfall«, sogar als »Fiasco« einstufte39 und nun seinerseits die Initiative ergriff: Schon drei Tage nach dem Dresdner Konzert, am 13. Januar, probte er Don Juan mit den Berliner Philharmonikern, gratulierte Strauss mit der schon erwähnten Glückwunschkarte und setzte das Stück auf das Programm des 7. Philharmonischen Konzerts am 31. Januar. Seinen Wunsch nach einer genaueren Angabe der Tempi erfüllte ihm der Komponist mit der Übermittlung der »annähernd genausten Metronomangaben«, doch machte Strauss den Fehler, deren Wert durch die Versicherung zu relativieren, Bülow könne sie, wenn er eine andere Auffassung von dem Stück habe, gerne ignorieren.40 Nur zu bald sollte sich zeigen, wie wichtig Strauss die richtigen Tempi waren. Seine Metronomzahlen, die als substanzieller Bestandteil des Werktextes gelten können, sind denn auch in die hier vorgelegte Ausgabe aufgenommen worden.
Doch zunächst war das böse Wort vom Dresdner »Durchfall« in der Welt; aus dem Munde eines Bülow gekommen, ließ es sich nicht einfach ignorieren. Entsprechend gedämpft war die Stimmung im Hause Strauss, und das blieb dem Sohn in Weimar nicht verborgen. Er reagierte gereizt. Seiner Schwester Johanna schrieb er am 16. Januar, es sei »absolut Wurst, ob heute schon den Leuten meine neuen Sachen gefallen, man kann auch wirklich nicht verlangen, von Leuten, die die nun schon 30 Jahre alten Lisztschen sinfonischen Dichtungen, die viel einfacher sind, wie z.B. mein Don Juan, noch nicht capiren, daß sie meinen neuen Sachen schon Verständnis entgegenbringen. Wenn ich heute auf dem Niveau des jetzigen Publicums stünde, würde schon in 5 Jahren kein Hahn mehr nach Don Juan, Macbeth krähen. Also ruhig abwarten. Die Sache nimmt ihren ruhigen, natürlichen u. nun seit 100 Jahren bekannten, guten Verlauf. Als Pflaster für Papa lege ich die Karte Bülow’s bei [wohl die bewusste Glückwunschkarte]. […] Ich habe gestern Ritter eingeladen, auf meine Kosten nach Berlin zum Don Juan zu kommen; Papa soll doch mitkommen u. sich selbst überzeugen, wie sehr es dem Don Juan an ›Klangschönheit‹ mangelt.«41
Ob Ritter nach Berlin reiste, wissen wir nicht. Franz Strauß jedenfalls kam nicht, und so musste der Sohn nach München melden, wie es seinem Stück erging. Offenbar hatte Strauss zunächst angenommen, Don Juan selbst leiten zu können; erst in Berlin, so teilte er den Eltern mit, habe er erfahren, dass Bülow dirigiere.42 Doch wurde eine zweite Aufführung vier Tage später in einem populären Konzert der Philharmoniker angesetzt; hier stand der Komponist selbst am Pult. Strauss’ Berichte43 über die Berliner Aufführungen erweisen sich als wichtige Quelle für seine Ästhetik der programmatischen Tondichtung. Poetische Musik wie Don Juan, so belehrte er die Eltern, dürfe man nur mit genauer Kenntnis des poetischen Inhalts aufführen, weil allein so das Publikum die »Mitteilung« des Komponisten verstehen könne. Bülow aber habe vom poetischen Inhalt nichts begriffen, Don Juan wie »andere wohlklingende, interessant kombinierte und harmonisierte, raffiniert instrumentierte Musik behandelt«, falsche Tempi genommen und so gerade nicht mitteilen können, worum es Strauss gegangen sei. Ein Erfolg aber auf dieser Basis sei ihm geradezu »widerlich«. Er selbst dagegen habe in seinem Konzert Don Juan »in der richtigen Form« aufgeführt, und das sei ihm vor allem deshalb gelungen, weil er sich mit den Bläsern und dem Konzertmeister »über Programm und Ausdruck der einzelnen Hauptstellen […] genau verständigt« habe. Strauss hatte ganz offenbar den Musikern programmatische Hinweise gegeben, deren Details er dem Publikum gegenüber verschwieg. Denn auf den Programmzetteln standen, Strauss’ Wunsch folgend,44 lediglich die der Partitur vorangestellten drei Abschnitte mit Zeilen aus Lenaus Versepos, die zwei konträre Grundstimmungen erkennen lassen. In den beiden ersten Abschnitten45 aus dem Beginn des Stückes, einem Dialog zwischen Don Juan und seinem Bruder Don Diego, zielte Strauss auf den »Sturm des Genusses«, in dem der Held »den Zauberkreise […] von vielfach reizend schönen Weiblichkeiten« durchzieht. Er flieht den Überdruss, propagiert eine »immer neue« Leidenschaft und berauscht sich an »immer neuen Siegen, so lang der Jugend Feuerpulse fliegen.« Wie in diesen Zeilen der stürmische Ton dominiert, so über weite Strecken in Strauss’ Musik. Ganz anders der resignierende, Lenaus Schlussszene entnommene letzte Abschnitt, den Strauss auch optisch deutlich vom vorherigen trennte:46 Stille statt Sturm, Kälte statt Feuerpulsen, Tod statt Leben. Dem entspricht die nach einer Generalpause einsetzende düstere Coda der Tondichtung (T. 586–606). Im Frühstadium der Arbeit an Don Juan war ein solches Ende übrigens noch gar nicht vorgesehen. Strauss plante vielmehr eine »schneidige Coda« mit einem »stürmischen Schluß«.47 Die erst später gefundene, an die Umarbeitung von Macbeth erinnernde Lösung48 erwies sich als zukunftsträchtig: Sujets, an deren Ende der Tod des Helden steht, sollte Strauss auch in den kommenden Tondichtungen realisieren. Zu nennen wären Tod und Verklärung, Till Eulenspiegel, Don Quixote sowie Ein Heldenleben.
Aber zurück zu Don Juan. Die Coda mit der Darstellung des Todes brauchte Strauss seinen Berliner Musikern nicht weiter zu erläutern. Anders verhält es mit der Musik zuvor: Ihre differenzierte Gliederung und deren interpretatorische Umsetzung, so Strauss’ Überzeugung, war mit einem schlichten Verweis auf den einen Helden und seine immer neuen Siege nicht zu garantieren. Dazu bedurfte es genauerer Angaben. Folgt man der 1896 von Friedrich Rösch fraglos aus intimer Kenntnis des Stückes heraus publizierten programmatischen Analyse,49 so gehören zu den »Hauptpunkten« von Don Juan die voranstürmende, thematisch reich differenzierte Gestalt des Helden (T. 1ff.) sowie »drei ausführliche Liebes-Episoden«: eine »feurig-leidenschaftliche« erste (T. 90ff.), eine »sanft-schmachtende« zweite (T. 235ff.), eingeleitet durch einen Dialog zwischen dem »eindringlich verführerischen« Helden und einem »aengstlich schüchternen« Mädchen (T. 197ff.), und schließlich »eine dritte toll-ausgelassene Karnevalsszene« (T. 351ff.). Sie endet mit der schon erwähnten »Katerstelle« (um noch einmal Strauss selbst zu zitieren): »Von Ekel und Ueberdruß erfüllt«, so heißt es bei Rösch, »wendet sich Don Juan ab. In seiner Erinnerung tauchen wie mahnende Geister die verblichenen Bilder seiner Liebesabenteuer auf. […] Aber bald ermannt er sich wieder […].«
Ob die Musiker des Philharmonischen Orchesters die »Mitteilung« des Komponisten dem Publikum des populären Konzerts wirklich so viel besser verständlich machten als den Hörern der von Bülow geleiteten Aufführung, steht dahin. Otto Lessmann jedenfalls, der Strauss wohlgesinnte Herausgeber und Chefkritiker der Allgemeinen Musik-Zeitung, sparte nicht mit Lob und vergaß auch nicht zu bemerken, in der zweiten Aufführung sei »das Tonstück unter der schwungvollen Leitung des Komponisten sehr viel klarer«50geworden als zuvor unter Bülow. Strauss waren die Berliner Ereignisse eine Lehre. Die nächste Aufführung am 28. Februar 1890 im 11. Museumskonzert in Frankfurt leitete er erneut selbst. Erst nachdem die Partitur im Druck vorlag, nahmen sich auch andere Dirigenten des Stückes an: Im Sommer 1890 erklang es in Scheveningen, im Oktober wieder in Berlin (beide Male geleitet von Gustav Kogel), und 1891 eroberte Don Juan die Konzertsäle in Amsterdam, Paris, Boston und New York.51
Unmittelbar nach der erfolgreichen Weimarer Uraufführung entschloss sich Strauss’ Verleger Eugen Spitzweg, Don Juan (ebenso wie die neue Tondichtung Tod und Verklärung, die Bülow so gefallen hatte) in seinen Aibl-Verlag zu nehmen. »Spitzweg druckt Don Juan«, meldete Strauss am 13. November 1889 nach München.52 Nach einigem Feilschen einigte man sich auf ein Honorar von 800 Mark.53 Strauss schickte die handschriftlichen Stimmen nach dem 20. November nach Leipzig zur Stecherei C.G. Röder, um sie für die Dresdner Aufführung zur Hand zu haben; außerdem ließ Spitzweg eine Kopie von Strauss’ Partiturautograph anfertigen und nach Dresden schicken.54 (Die Abschrift befand sich danach im Besitz des Komponisten, ist aber nicht erhalten geblieben.) Bereits Anfang Dezember erhielt Strauss die Druckfahnen der Stimmen zur Korrektur,55 am 19. Dezember teilte er Spitzweg den genauen Titel von Don Juan sowie die Opuszahl mit, und am 30. Dezember unterzeichnete er den Verlagsvertrag.56
Für die ersten Aufführungen nach der Weimarer Premiere – in Dresden, Berlin und Frankfurt/Main – standen damit zwar gedruckte Stimmen, aber nur eine handschriftliche Partitur zur Verfügung: in Berlin Strauss’ Autograph, in Dresden die schon erwähnte Kopie, die auch in Frankfurt verwendet wurde.57 Denn das Autograph war, wie ein Brief Spitzwegs an Strauss verrät,58 schon Mitte Februar als Stichvorlage nach Leipzig gelangt. Dort wurde es in mehrere Teile zerlegt, die die Firma Röder nach dem Stich sukzessive an Strauss zurücksandte.59 Wann Spitzweg diese Teile für seinen Verlag zurück erhielt, ist nicht sicher; noch im Oktober 1890 mahnte er die Partitur bei Strauss an.60 Gedruckt lag sie seit Ende Mai 1890 vor. Da hatte Ludwig Thuille schon mit der Arbeit am vierhändigen Klavierauszug begonnen, der aber offenbar erst im August des Jahres fertig wurde. 1904 stellte der Verlag von der großen Partitur eine verkleinerte Studienausgabe her: fraglos ein lohnendes Geschäft, hatte doch Strauss schon zwei Jahre zuvor in Berlin die 600. Aufführung von Don Juan geleitet.
Den Werkverzeichnissen zufolge hat der 80jährige Strauss im Winter 1944 die Partitur erneut abgeschrieben; nachgewiesen sind außerdem autographe Partiturblätter.61 Da (abgesehen von Abbildungen zweier Einzelseiten in einem Auktionskatalog – siehe Faksimiles und Kritischer Bericht) alle diese Quellen derzeit unauffindbar und zudem vermutlich nicht als revidierte Fassungen »letzter Hand« anzusehen sind, blieben sie für die vorliegende Edition unberücksichtigt.
Walter Werbeck
Die Herausgeber danken allen im Kritischen Bericht genannten Archiven und Bibliotheken für die Bereitstellung des für die Edition herangezogenen Quellenmaterials. Darüber hinaus danken wir der Familie Strauss, außerdem Frank Below, Gerhard Dill, Veronika Giglberger, Maren Goltz, Thomas Herbst, Wolfgang Horn, Thekla Kluttig, Jürgen May, Gregor Raquet, Stefan Reuter, Uta Schaumberg, Reinhold Schlötterer, Roswitha Schlötterer-Traimer † und Martin Wettges.
↑ 1 | Michael Kennedy: Strauss’s Tone Poems, London 1984, S. 17. |
↑ 2 | Michael Kennedy: Art. Strauss, Richard (Georg), in: The New Grove Dictionary of Music and Musicians 18 (1980), S. 218–239, hier S. 226 f. Kennedys Vermutung ist abwegig: Strauss’ große Liebe war zu dieser Zeit noch immer Dora Wihan. Vgl. dazu auch Willi Schuh: Richard Strauss. Jugend und Frühe Meisterjahre. Lebenschronik 1864–1898, Zürich und Freiburg (Breisgau) 1976, S. 166–180. |
↑ 3 | Stephan Kohler: Der Jugend Feuerpulse. Zu »Don Juan« op. 20, in: Richard-Strauss-Tage 6.–10. Juni 1990, Garmisch-Partenkirchen, Programmbuch, S. 75–78, hier S. 76, außerdem Schuh: Richard Strauss (wie Anm. 2), S. 151. |
↑ 4 | Maukes Erläuterung findet sich in: Richard Strauss. Symphonien und Tondichtungen. Erläutert von G. Brecher […], hrsg. von Herwarth Walden, Berlin [1908] (= Meisterführer 6), S. 46–60. |
↑ 5 | In einem Brief an Oskar Posa vom 31. Januar 1900 heißt es: »Übrigens sind in meinem Don Juan wirklich drei Frauengestalten gezeichnet, deren melodische Linien ziemlich scharf umrissen sind, wenn auch die Ausdrucksfähigkeit der Musik noch nicht so weit geht, genau zu bestimmen, daß eine davon eine wirkliche ›Gräfin‹ ist. Über Standesunterschiede sind wir in der Musik nun glücklich doch hinaus.« Vgl. Der Strom der Töne trug mich fort. Die Welt um Richard Strauss in Briefen, hrsg. von Franz Grasberger, Tutzing 1967, S. 129. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d03323. |
↑ 6 | Detlef Altenburg: Eine Theorie der Musik der Zukunft. Zur Funktion des Programms im symphonischen Werk von Franz Liszt, in: Kongress-Bericht Eisenstadt 1975, hrsg. von Wolfgang Suppan, Graz 1977 (= Liszt-Studien 1), S. 9–25, hier S. 21. |
↑ 7 | Vgl. Walter Werbeck: »Gährend Drachengift« versus »Milch der frommen Denkungsart«? Richard Strauss und Ludwig Thuille, in: Facetten II. Kleine Studien. Edition und Interpretation bei Chopin. Die Münchner Schule und Max Reger, hrsg. von Claus Bockmaier, München 2016 (= Musikwissenschaftliche Schriften der Hochschule für Musik und Theater München 10), S. 247–269. |
↑ 8 | Richard Strauss: Aus meinen Jugend- und Lehrjahren, in: ders.: Betrachtungen und Erinnerungen, hrsg. von Willi Schuh, Zürich ³1981, S. 206. Auch in Franz Trenners Strauss-Chronik (Richard Strauss. Chronik zu Leben und Werk, hrsg. von Florian Trenner, Wien 2003, S. 63) liest man von der »ersten Skizze« zu Don Juan am 24. Mai 1888 in Padua. Anekdotisch ausgeschmückt wurde dieser Hinweis in einer Äußerung, die Emil Tschirch überlieferte. Auf die Frage, woher die Glut und Leidenschaft in Don Juan stammten, soll Strauss geantwortet haben: »[…] i kam grad aus dem warmen Ägypten zurück und in Italien war’s noch a bissl kühl. I saß eines Mittags in Padua beim heiligen Antonius im Klosterhof, und da brannte endlich die Sonne so schön heiß auf mi nieder, daß mir gleich alles eing’fallen is, was i zum Don Juan brauchte.« Vgl. Emil Tschirch: Mit Richard Strauss auf Reisen, in: Die Musik 16 (1923/24), S. 657–665, hier S. 664 f. |
↑ 9 | Vgl. die Briefe an seinen Onkel Carl Hörburger vom 11. Juni und an Ernst Heim vom 14. Juni 1888. Zitate aus dem Brief an Heim finden sich in: Auktionshaus F. Zisska & R. Kistner: Katalog der Auktion 16/I vom 6.–8.11.90, Nr. 147, S. 18. Der Brief an Hörburger ist abgedruckt in: Strom der Töne (wie Anm. 5), S. 40 f. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01861. Das Datum dieses Briefes macht Willi Schuhs Angabe des Urlaubsendes erst am 13. Juni unwahrscheinlich. Vgl. Schuh: Richard Strauss (wie Anm. 2), S. 133. Schuh stützte sich vermutlich auf Strauss’ Brief an Hans von Bülow vom 7. April 1888; vgl. Lieber Collega! Richard Strauss im Briefwechsel mit zeitgenössischen Komponisten und Dirigenten. 1. Band, hrsg. von Gabriele Strauss, Berlin 1996 (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft 14), S. 73. |
↑ 10 | Franz Trenner: Die Skizzenbücher von Richard Strauss aus dem Richard-Strauss-Archiv in Garmisch, Tutzing 1977 (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft 1), S. 1 f. |
↑ 11 | Nicht belegen, jedenfalls aus den Skizzen, lässt sich Max Steinitzers Datierung der Komposition bereits auf den Winter 1887/88; vgl. Max Steinitzer: Richard Strauss, Berlin und Leipzig 1911, S. 52. Auf die Diskrepanz zwischen Strauss’ Erinnerung und einem Beginn schon im Herbst 1887 machte Norman Del Mar aufmerksam (Richard Strauss. A Critical Commentary on His Life and Works, Vol. 1, Ithaca NY 1986, S. 65, Anm. 8), wobei er den Beginn in Padua wegen der kurzen Zeit bis zur Vollendung des Werkes Ende September mit Recht anzweifelte. |
↑ 12 | Vgl. Strauss, Sie sind ja so ein göttlicher Kerl! Briefe an und von Emil Struth, Hugo Becker, Wilhelm Bopp, Oskar und Helmut Grohe, hrsg. von Günter Brosche, in: Richard Strauss-Blätter, Neue Folge 1 (1979), S. 15–36, hier S. 17. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01850. Es handelt sich, soweit bislang bekannt, um den ersten Brief, in dem das Don-Juan-Projekt erwähnt wird. |
↑ 13 | Vgl. etwa seinen Brief an Hans von Bülow vom 25. März 1888, in: Lieber Collega (wie Anm. 9), S. 67–71. |
↑ 14 | Strom der Töne (wie Anm. 5), S. 41. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01861. |
↑ 15 | Die Angabe bei Trenner: Strauss-Chronik (wie Anm. 8), S. 64, die Don-Juan-Partitur sei »Mitte Juli« begonnen worden, ist unzutreffend. |
↑ 16 | Lieber Collega (wie Anm. 9), S. 81. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01872. |
↑ 17 | Dieses Schreiben fehlt in den Editionen des Strauss-Bülow-Briefwechsels. Max Steinitzer zitierte die Karte Bülows wie folgt: »Ihr ganz grandioser Don Juan hat zunächst meine Eroberung gemacht.« (Steinitzer: Richard Strauss [wie Anm. 11], S. 62). Strauss erwähnte sie in einem Brief an Eugen Spitzweg vom 15. Januar 1890 (Münchner Stadtbibliothek [D‑Mst], Monacensia, Strauss, Richard AI/44, Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d02105): »Bülow […] hat letzten Montag meinen Don Juan in Berlin probirt; er schrieb mir gestern eine sehr entzückte Karte über das ›ganz grandiose‹ Werk«. |
↑ 18 | Strom der Töne (wie Anm. 5), S. 41 (Brief an Hörburger vom 11. Juni 1888). Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01861. |
↑ 19 | Brief an den Vater vom 17. Januar 1889, in: Richard Strauss: Briefe an die Eltern 1882–1906, hrsg. von Willi Schuh, Zürich und Freiburg (Breisgau) 1954, S. 103 f. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01887. |
↑ 20 | In einem Brief Steinbachs an Strauss vom 3. Februar 1889 (Richard-Strauss-Archiv [D‑GPrsa], Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d30568) heißt es: »Gestern endlich erhielt ich Nachricht von D’Albert bezügl. unseres Planes, zwei Conzerte in München zu geben. […] Er ist ›entzückt‹ von der Idee […]. Ich habe sofort Herrn Spitzweg geschrieben + bitte Sie freundl. die Sache zu unterstützen. […] Hoffentlich gestaltet sich die Angelegenheit recht günstig + wir sehen uns Anfang März in München. Wann bekommen wir denn die Stimmen zu Don Juan + Macbeth? Wir könnten die zwei Stücke den Münchnern zum ›rathen‹ geben! – D’Albert schlägt 19 bis 26 Februar, (da können wir nicht) + die auch uns angenehme Zeit vom 7 bis 10ten März vor. Hoffentlich paßt diese Zeit Ihrem Verleger. Dann ist es, um die Kosten der Reise zu decken, noch nothwendig, daß wir in Nürnberg, Regensburg, Augsburg pp mit D’Albert je ein Conzert geben können. Sobald ich von Herrn Spitzweg Nachricht habe, greife ich die Sache energisch an.« |
↑ 21 | Vgl. den Brief von Thuille vom 17. Juli 1889 an Strauss, in: Richard Strauss – Ludwig Thuille. Ein Briefwechsel, hrsg. von Franz Trenner, Tutzing 1980 (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft 4), S. 104. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d30585. |
↑ 22 | Lieber Collega (wie Anm. 9), S. 125. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01892. |
↑ 23 | So Strauss in einem Brief an seinen Vater vom 2. Oktober 1889, in: Strauss: Briefe an die Eltern (wie Anm. 19), S. 115. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01941. Ein entsprechendes Schreiben Schuchs scheint sich nicht erhalten zu haben. |
↑ 24 | Rösch schrieb Strauss am 20. Oktober aus Berlin (D‑GPrsa, Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d30586): »Daß ich verschiedene, gerade sehr günstige Gelegenheiten wahrnahm, für Deine letzten symphonischen Dichtungen bei ihm [Bülow] Stimmung zu machen, kannst Du Dir wohl denken. Mit Macbeth ist, wie ich mich nunmehr persönlich überzeugt habe, bei Herrn v. B. definitiv nichts auszurichten […]. Dagegen glaube ich sicher, daß er nunmehr für Deinen Don Juan zuverlässig gewonnen ist, u. daß er auch später eventuell für Tod u. Verklärung leicht zu haben sein wird.« |
↑ 25 | Brief an Bülow vom 8. Oktober 1889, in: Lieber Collega (wie Anm. 9), S. 84–86. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01943. |
↑ 26 | Brief an den Vater vom 12. Oktober 1889, in Strauss: Briefe an die Eltern (wie Anm. 19), S. 116. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01946. |
↑ 27 | Von Rösch erfuhr Strauss im schon erwähnten Brief vom 20. Oktober: »[…] eine Probe für Don Juan hat bis jetzt noch nicht stattgefunden«. Demnach spricht Alles dafür, dass Bülow das Stück, wie oben erwähnt, erst im Januar 1890 erstmals vom Orchester hörte. |
↑ 28 | Zum Konzertprogramm vgl. die Angaben bei Kenneth Birkin: Richard Strauss in Weimar. Part 1: The Concert Hall, in: Richard Strauss-Blätter, Neue Folge 33 (1995), S. 3–36, hier S. 15. |
↑ 29 | Strauss hatte ihn am 6. November eingeladen. Vgl. Walter Werbeck: »Macbeth« von Richard Strauss. Fassungen und Entstehungsgeschichte, in: Archiv für Musikwissenschaft 50 (1993), S. 232–253, hier S. 245, Anm. 72. |
↑ 30 | Brief von Strauss vom 13. November 1889, in: Strauss: Briefe an die Eltern (wie Anm. 19), S. 120 f. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01957. |
↑ 31 | Allgemeine Musik-Zeitung 16 (1889), Nr. 46, S. 490. Edition: richard-strauss-ausgabe.de/b43839. |
↑ 32 | Musikalisches Wochenblatt 20 (1889), S. 577. Edition: richard-strauss-ausgabe.de/b43258. |
↑ 33 | Vgl. vor allem den Brief vom 8. November 1889, in: Strauss: Briefe an die Eltern (wie Anm. 19), S. 119 f. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01955. |
↑ 34 | Ebd., S. 121, Anm. 1. Die Partitur von Tod und Verklärung wurde nur fünf Tage später abgeschlossen. |
↑ 35 | Vorgesehen war zunächst eine Aufführung unter Schuch schon am 5. Januar. Das geht aus einer Postkarte hervor, die Strauss am 14. Oktober 1889 an Engelbert Humperdinck schrieb; vgl. Ann Kersting-Meulemann: Richard Strauss und die Frankfurter Museums-Gesellschaft, in: Richard Strauss – (k)ein Heldenleben. Spuren des Komponisten in Frankfurt am Main, Frankfurt/Main 2015 (= Frankfurter Bibliotheksschriften 17), S. 19–26, hier S. 22. Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01947. |
↑ 36 | An den Vater schrieb Strauss am 10. Januar 1890 (Strauss: Briefe an die Eltern [wie Anm. 19], S. 125, weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d02103): »[…] das Orchester spielt den Don Juan wundervoll, es fehlt nur der eigentliche Schwung und die nötige Intelligenz nach der Ausdrucksseite hin von seiten des Dirigenten, der ein ganz geschickter Musiker ist, aber von meinem Don Juan recht wenig Ahnung hat.« |
↑ 37 | Brief an den Vater vom 11. Januar 1890, in: ebd., S. 125 f. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d02104. |
↑ 38 | Signale für die musikalische Welt 48 (1890), H. 6, S. 85. |
↑ 39 | Vgl. Strauss: Briefe an die Eltern (wie Anm. 19), S. 125 f., Anm. 3. |
↑ 40 | Lieber Collega (wie Anm. 9), S. 89 f. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d02106. |
↑ 41 | Bayerische Staatsbibliothek (D‑Mbs), Ana 330, I, Strauss. Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d02107. |
↑ 42 | Brief vom 5. Februar 1890, in: Strauss: Briefe an die Eltern (wie Anm. 19), S. 128–130, hier S. 128. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d02114. |
↑ 43 | In Betracht kommen vor allem Briefe vom 31. Januar sowie vom 2. und 5. Februar 1890, in: ebd., S. 127–130. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d02112, richard-strauss-ausgabe.de/d02113, richard-strauss-ausgabe.de/d02114. |
↑ 44 | Vgl. seinen Brief an Bülow vom 15. Januar 1890 (oben Anm. 40), S. 90. Weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d02106. |
↑ 45 | Vgl. Nikolaus Lenau: Don Juan. Dramatische Szenen, in: ders.: Faust/Helena/Savonarola/Albigenser/Don Juan, hrsg. von Eduard Castle, Leipzig 1911 (= Sämtliche Werke und Briefe in 6 Bänden 2), S. 401–448. Die von Strauss entnommenen Zeilen finden sich auf S. 402 f. (Abschnitt 1), 405 (Abschnitt 2) und 441 f. (Abschnitt 3). |
↑ 46 | Im Autograph hat Strauss nach Abschnitt 1 eine gestrichelte Zeile eingefügt, nach Abschnitt 2 hingegen deren sieben. Zudem notierte er die beiden ersten Abschnitte zentriert, den Schlussabschnitt hingegen am linken Seitenrand. Im Erstdruck haben alle Abschnitte dieselbe Position, und statt sieben sind es nur zwei gestrichelte Zeilen vor dem Schlussabschnitt. |
↑ 47 | Walter Werbeck: Die Tondichtungen von Richard Strauss, Tutzing 1996 (= Dokumente und Studien zu Richard Strauss 2), S. 115. |
↑ 48 | Schon bei Macbeth hatte Strauss einen triumphierenden Schluss in der ersten Fassung durch ein resignatives, den Tod des Protagonisten nachzeichnendes Finale in der zweiten Fassung ersetzt. |
↑ 49 | [Friedrich Rösch]: Don Juan. Tondichtung (nach Nikolaus Lenau’s dramatischem Gedicht) für großes Orchester komponirt von Richard Strauss. op. 20, in: Allgemeine Musik-Zeitung 23 (1896), S. 301 u. 304 f.; dazu auch Werbeck: Die Tondichtungen (wie Anm. 47), S. 113, Fußnote 53. Edition: richard-strauss-ausgabe.de/b43840. |
↑ 50 | Allgemeine Musik-Zeitung 17 (1890), S. 67–69, hier S. 69. Edition: richard-strauss-ausgabe.de/b44030. |
↑ 51 | Mark-Daniel Schmid: The Tone Poems of Richard Strauss and Their Reception History from 1887–1908, Ph.D. Diss. Northwestern University 1997, Ann Arbor 1997, S. 101, 105. |
↑ 52 | Strauss: Briefe an die Eltern (wie Anm. 19), S. 121. Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01957. |
↑ 53 | Strauss schrieb an Spitzweg am 7. Dezember 1889 (D‑Mst, Monacensia, Strauss, Richard AI/30, Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01964): »Für Don Juan wollte ich ursprünglich 1000 M. haben, werde aber in Anbetracht Deiner Unkosten die Forderung auf 800 M. herabsetzen, was wirklich nicht zu viel für das Stück ist (ohne unbescheiden oder anmaßend zu sein).« Spitzweg antwortete fünf Tage später (D‑GPrsa, Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d30350): »Ich gebe Dir für Don Juan MK 800 […], Du aber gibst mir dafür noch die 4 resp 5 neuen Lieder Schlichte Weisen! (op. 21) dazu. Ist’s so recht?« |
↑ 54 | Dass es zwei handschriftliche Partituren gab, das »Original« und ein »copirtes Exemplar«, geht aus Briefen Spitzwegs vom 29. Januar und 16. Februar 1890 unmissverständlich hervor (D‑GPrsa, Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d30354, richard-strauss-ausgabe.de/d30355). |
↑ 55 | In seinem Brief vom 4. Dezember (D‑GPrsa, Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d30348) avisierte Spitzweg die Stimmen (»Soeben treffen D Juan-Stimmen ein. Folgen per Paquet.«), und am 8. Dezember meldete Strauss seinem Vater aus Weimar (Briefe an die Eltern [wie Anm. 19], S. 123–124, weitere Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d01965): »Soeben sind die Don Juan-Stimmen zur Korrektur angekommen […]«. |
↑ 56 | Richard-Strauss-Ausstellung zum 100. Geburtstag, bearb. von Franz Grasberger und Franz Hadamowsky, Wien 1964, S. 60. |
↑ 57 | Zum Ärger Spitzwegs, der die Kopie zügig an Thuille zur Herstellung des vierhändigen Klavierauszugs weiterleiten wollte. Vgl. seine wiederholten Mahnungen vom 16. Februar (D‑GPrsa, Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d30355): »Ich brauche nothwendigst die Dresdener Partitur. Dein Original […] ist bei Röder. Freund Thuille wartet auf das copirte Exemplar. […] Die Frankfurter Aufführung von Don Juan kann jetzt nicht stattfinden, da ich die Dresdener Part. absolut haben muß!« |
↑ 58 | Vgl. ebd. |
↑ 59 | Vgl. Spitzwegs Brief an Strauss vom 21. März 1890 (D‑GPrsa, Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d30356): »Deine Part. zu Don-Juan mußte leider auseinandergenommen werden (heute erhältst Du den letzten Theil). Ich bitte Dich, das Manuscript complet wieder hieher zu senden, damit ich es wieder binden lassen kann.« |
↑ 60 | Spitzweg an Strauss, 18. Oktober 1890 (D‑GPrsa, Edition: richard-strauss-ausgabe.de/d30360): »Wann bekomme ich Part. zu Don Juan?« |
↑ 61 | Vgl. zuletzt Franz Trenner: Richard Strauss Werkverzeichnis (TrV). Zweite, überarbeitete Auflage Wien 1999, S. 127: »eigenhändige Partitur-Abschrift: Garmisch, 17.11.1944–12.12.1944«. Diese Partitur ist im Richard Strauss-Quellenverzeichnis (http://www.rsi-rsqv.de) unter der Signatur q00287 erfasst, die weiteren Blätter haben die Signaturen q13837, q13893 und q13836. |