Das dritte Akademie-Konzert begann mit einer D-Moll-Sinfonie (Manuscript) von Richard Strauß. Mit einem Schlage ist der jugendliche Komponist – es ist wohl kaum zu viel gesagt – zu einer kleinen Berühmtheit geworden. Meine Ueberraschung über sein Streichquartett habe ich bereits geschildert. Trotzdem ich mich damals veranlaßt sah, dasselbe als »Ereigniß« zu preisen, muß ich doch gestehen, daß ich einer Sinfonie mit einem gewissen ängstlichen Gefühl entgegensah und die Aufgabe eines Werks für großes Orchester doch für »solche Jugend« zu groß schien. Ich habe mich umsonst geängstigt, denn er hat bewiesen, daß er auch schon auf diesem Felde zu Hause ist, und neben seinem ursprünglichen Talent bereits eine Gewandtheit in der Instrumentirung besitzt, die geradezu erstaunlich ist. Wenn ich auch sein Quartett, so viel sich nach einmaligem Hören beurtheilen läßt, für werthvoller halte, so schließt die Sinfonie doch auch alle diejenigen Vorzüge in sich, die ich jüngst hervorhob. Aecht musikalische Gedanken, interessante Durchführungen und Verarbeitungen der Themen, ohne gesuchte Originalität und doch Alles neu. Am gelungensten scheint mir wiederum das Scherzo, und darin besonders das Trio, mit wahrhaft frappirender Verwendung der Blasinstrumente. Der erste Satz beginnt mit einer ernsten Einleitung, Andante maestoso, auf die ein Allegro mit rhythmisch sehr bestimmtem Hauptthema folgt, das anfangs etwas nach Mendelssohn schmeckt, bald aber durch farbige Abwechselung von Harmonie und Streichern mehr und mehr an Interesse gewinnt. Das Andante ist schön und wohlklingend, steht aber in Bezug auf Gedankenreichthum dem ersten Satz und dem Scherzo nach, doch ist es in der Form so knapp gehalten, daß eine Langeweile nicht Platz greifen kann. Das Finale schien mir etwas unter der Schwere des Hauptthemas zu leiden; aber auch hier ist es wieder die Verwendung der Bläser[,] die bis zum Schlusse interessirt. Der Erfolg der Sinfonie war ein bedeutender. Allgemein freute man sich über das große Talent des kleinen Männchens, dessen Erscheinen auf dem Podium wieder und wieder durch Applaus und Zurufe erzwungen wurde. Möge er in rechten Bahnen weiter wandeln! […]
[unbekannt]
[ohne Titel]
in: Der Sammler. Belletristische Beilage zur »Augsburger Abendzeitung«, Jg. 50, Heft 42, Donnerstag, 7. April 1881, Rubrik »Musik«, S. 8
relevant für die veröffentlichten Bände: III/1 Symphonie d-Moll
a. München, 1. April.