J.A.
»Düsseldorf, 3. April«
in: Neue Zeitschrift für Musik , Bd. 92, Jg. 63, Heft 31, Mittwoch, 29. Juli 1896, Rubrik »Correspondenzen.«, S. 359

relevant für die veröffentlichten Bände: III/7 Till Eulenspiegels lustige Streiche
Düsseldorf, 3. April
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[…]

Das 6. Concert bot: 1. Symhponie Bdur von Jos. Haydn. 2. Recitativ und Rondo »Ch'io mi scordi di te« für Sopran, mit obligatem Clavier und Orchester von W. A. Mozart. (Fräulein Marcella Pregi aus Paris.) 3. Concert Dmoll für Pianoforte und Orchester von J. Buths. (Herr Professor Julius Buths.) 4. Vorspiel zum III. Act und Chor »Wach auf« aus »Die Meistersinger« von Rich. Wagner. 5. Till Eulenspiegel's lustige Streiche, nach alter Schelmenweise in Rondoform (für großes Orchester) von R. Strauß. (Zum ersten Male.) 6. Liedervorträge von Fräulein Marcelli [sic] Pregi. 7. Deutsche Tänze für gemischten Chor und Orchester von Schubert-Flitner. Die Gesangsvorträge von Fräulein Marcella Pregi ließen diese Dame als eine Sängerin von höchster Begabung und trefflicher Schule erkennen. Sie sang die Mozart'sche Arie mit ausgezeichnetem Vortrage, sowohl in den Coloraturen wie in der Cantilene und erntete stürmischen Applaus, der sich nach den Liedervorträgen noch steigerte. Nicht wenig trug zu dem Erfolg der Arie der stylistisch fein abgewogene Vortrag der Clavierparthie bei, die Prof. Buths ausführte. Das darauffolgende Clavierconcert zeigte den trefflichen Künstler auf der Höhe moderner pianistischer Ausbildung und musikalischer Gestaltungskraft. Die Composition ist von innigster Empfindung belebt, die Instrumentation durchweg interessant.

Das Orchester hatte die schwierige Aufgabe, neben den anderen im Programm erwähnten Nummern Rich. Strauß' Humoreske »Till Eulenspiegel« zu spielen. Es erledigte sich derselben unter Führung seines, für das Stück begeisterten Dirigenten in vollkommenster Weise, so daß eine sofortige Wiederholung der wirklich höchst launigen und glücklich erdachten und durchgeführten Composition erfolgen konnte. Zum ersten Male begegnet man in einem Werke von Rich. Strauß dem Ausdrucke der Heiterkeit. Was hier bis jetzt von seinen Werken gehört wurde, machte fast immer den Eindruck bedrückenden Ernstes und pathetischer Ueberschwenglichkeit. Hier aber zeigt sich der geniale Componist von jener naiven, ursprünglichen Seite, die früher mehr als jetzt die Grundlage des Kunstschaffens bildete. Heiterkeit und Naivetät sind ja der gegenwärtigen Generation der Musiker (und nicht blos diesen!) fast abhanden gekommen. Der Ausdruck des Komischen, Humoristischen, Lustigen, erwartet noch vielmehr der Benutzung der Mittel, welche die neuere Schule dem Musiker aufgeschlossen hat und es ist darum diese Arbeit eines ihrer Führer mit Freuden zu begrüßen, wie sie auch von der rein musikalischen Seite trotz ihrer fast unverhältnißmäßigen Schwierigkeit hohe Anerkennung verdient.

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verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Schenk, Stefan

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Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/b45870 (Version 2025‑06‑04).

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