M.
[ohne Titel]
in: Neue Musik-Zeitung. Illustriertes Familienblatt, Bd. 2, Jg. 14, 1893, Rubrik »Konzertneuheiten«, S. 19

relevant für die veröffentlichten Bände: III/6 Tod und Verklärung
[19]
– München.

Die Tondichtung »Tod und Verklärung« von Richard Strauß fand im dritten Abonnements-Konzerte der Musikal[i]schen Akademie im Hof- und Nationaltheater unter Generaldirektor Levis Leitung eine ausgezeichnete Aufführung. Die Novität zeugt von tiefernstem und großem Empfindungsleben des Komponisten, auf dessen Wege die Mitwelt wohl erst allmählich folgen wird. Das Bedeutungsvolle der Komposition liegt in erster Linie darin, daß man hier das Werk eines eminent veranlagten Autors vor sich hat, bei dem es sich nicht um Tonspielerei, sondern um den poetischen Ausdruck eines inneren Erlebnisses handelt, vom Dichter in der Sprache der Instrumentalmusik größten Stiles mitgeteilt. Strauß fußt auf der Kunstform der symphonischen Dichtungen Liszts. Erreicht der Neuere zwar nicht die Melodik dieses Meisters, des »Sängers der Instrumentalmusik«, so zeugt sein Werk dagegen von innigstem Erfassen des Denkens, Empfindens, Schaffens und Wirkens jenes Rhapsoden. Es bedeutet aber zugleich bezüglich des Reichtumes und Glanzes der musikalischen Farbengebung jetzt schon ein positives Weiterbauen, einen sinnvollen, selbstständigen Schritt über das bisher darin Erreichte hinaus. Als Grundzug des hervorragenden Werkes von Strauß muß weiterhin betont werden, daß seine musikalische Diktion, wenn auch deren Themen prägnanter und in größerem Zuge gehalten sein dürften, dem poetischen Empfinden an Vornehmheit, Intensität des Ausdruckes und machtvollen Steigerungen vollständig ebenbürtig ist. Das ungemein stimmungsvolle Gedicht Alexander Ritters, das der Tonschöpfung als »Programm« beigedruckt wurde, fand seine Entstehung erst nach Vollendung der musikalischen Komposition unter dem Eindrucke, den das Kunstwerk des jüngeren Genossen auf den Komponisten vom »Faulen Hans« und von »Wem die Krone?« hervorgebracht hatte. Dies sei zur Beruhigung der Gegner der »Programmmusik« hier ausdrücklich konstatiert. Die Aufnahme des Werkes seitens des Publikums war eine geteilte.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Stefan Schenk

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/b45638 (Version 2022‑11‑18).

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