Programmmäßig unter großem Beifall sind die musikalischen Feste der 32. Tonkünstlervereinigung in den Tagen vom 28. Mai bis 1. Juni verlaufen.
Der Besuch von auswärts entsprach wohl nicht ganz den Erwartungen, doch war immerhin die Mehrzahl der Concerte gut frequentiert. Allgemein wurde die Klage über allzu lange Ausdehnung der Programme laut: man empfand mehr und mehr, daß auch in diesem Falle »allzuviel ist ungesund«! Geben wir nun einen Ueberblick der musikalischen Ereignisse und beginnen mit den großen Concerten:
Unter der Leitung von Herrn Capellmeister Arthur Nikisch erlebte am Freitag Abend die an die Spitze des Programms gestellte C moll-Symphonie von Brahms eine Ausführung, die jene in ihrer Art vorzügliche unter Capellmeister Paurs Direction an derseleben geweihten Kunststätte (gelegentlich eines Sonntagsconcertes zu Gunsten der »Aspiranten«) selbst noch übertraf; […]
Richard Strauß mit seiner Nachdichtung von Lenaus »Don Juan« stürmt keck hinein in die Welt, unbe[290]kümmert darum, ob er ein Dutzend Philister über den Haufen wirft. In corybantischer Lust, in schmachtender Erotik dort schwelgend, ist der Held vom Componisten ganz im Sinne des Dichters fixirt und es fällt nicht schwer, alle die Scenen und Bilder zu nennen, an die sich das Tonstück anlehnt. Ohne groteske Schnurrpfeifereien, zu denen wohl eine raffinirte Orchestervirtuosität verleiten mag, geht es zwar auch hier nicht ab; aber die kühnen Phantasieblitze, das wenn auch vorläufig nur mehr blos genialistische als wirklich geniale Tonspiel und Massenaufgebot aller nur verfügbaren Instrumente müssen verblüffen. Kaum zu beschwichtigen war der nach dieser Nummer losbrechende Beifall.
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