[unbekannt]
[ohne Titel]
in: Münchener Fremdenblatt und Handelszeitung, Jg. 14, Heft 108, Samstag, 7. März 1891, Erstes Blatt, Rubrik »Theater und Kunst«, S. 4

relevant für die veröffentlichten Bände: III/5 Don Juan
Das vierte und letzte Abbonement-Konzert der musikalischen Akademie

fand bei vollbesetztem Hause statt. Das Programm wurde mit einer Novität eröffnet. Richard Strauß nennt sein Orchesterwerk »Don Juan« eine Tondichtung, in Wirklichkeit finden wir eine Reihe unselbstständiger Gedanken in loser, unmusikalischer Verbindung. Das Ganze ist stark überwagnert, und macht viel Lärm und Geräusch. Herr Professor Kellermann, ein bekannter und trefflicher Interpret der Liszt’schen Klavierkomposition, spielte Liszt’s a-dur-Konzert. Herr Kellermann, der mit guter Auffassung die Komposition interpretierte, hätte durch kräftigeres und nachdruckvolleres Spiel die einzelnen Schönheiten wirksamer zu Gehör bringen können. Chabrier’s Rhapsodie »Espanna« für Orchester, das zum ersten Male im Hofkonzert am Neujahrstage aufgeführte Werk, fand durch die Konzertgeber sehr saubere und nüancierte Durchführung. In Folge der Pikanterie der Komposition und mit Rücksicht auf die treffliche Durchführung wurde von einem Theile des Auditoriums so reichlicher Beifall gespendet, daß eine Wiederholung der Rhapsodie beliebt wurde. Wenn auch den Concertgebern das Recht zugestanden werden muß, neuere Werke von leichterem Gehalte zur Aufführung zu bringen und es sich von selbst versteht, daß allen Richtungen Rechnung getragen wird, so sollte doch die Akademie ihre Stellung wahren und wenigstens keine Wiederholung einer Circusmusik bringen. Die Folge der Zugabe war eine energische Opposition gegen weitere Beifallsspenden. Den Schluß des Concertes bildete Beethovens C-moll-Symphonie. Das großartige Meisterwerk mußte gegenüber den vorhergehenden Nummern wie eine Erlösung klingen und der verdiente Beifall war diesmal demonstrativ stürmisch. Die Symphonie, wie die übrigen Werke waren unter der Leitung des k. Hofkapellmeisters Fischer vorzüglich exekutiert. Dem Concerte wohnten die Töchter des Prinzen Ludwig, Prinz Alphons, Prinzessin Elvira und Herzogin Amalie an.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Stefan Schenk

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/b43932 (Version 2018‑01‑26).

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