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Das fünfte Concert bot überwiegend moderne Werke mit folgendem Programm: 1. »Seemorgen«, symphonische Phantasie für großes Orchester (zum ersten Male) von Max Schillings. 2. »Ave maris stella«, Hymnus für Chor, Orchester und Orgel (zum ersten Male) von Anton Urspruch. 3. Concert Nr. 3, H moll für Violine und Orchester v. Camille Saint‑Saëns (Herr Emile Sauret). 3. [sic] »Macbeth«, Tondichtung nach Shakespeare’s Drama, für großes Orchester zum erste Male von Richard Strauß. 5. »Liebesfee«, Phantasie für Violine und Orchester von Joachim Raff (Herr Emile Sauret). 6. Ouverture zu »Oberon« von C. M. v. Weber. Der Solist des Abends, Emile Sauret, spielte seine Programmnummern, außerdem noch als Zugabe die große Caprice‑Etude A moll von Paganini, in jener unnachahmlichen reizenden Weise, die ihm eigen ist und entzückte, wie immer, das Publikum. Die Novitäten von M. Schillings, A. Urspruch und R. Strauß wurden bedächtig angehört. Es weht ein frischer Hauch in des erstgenannten »Seemorgen« und anmuthige, freundlich klingende Stellen fehlen nicht. Weniger anmuthend bietet sich R. Strauß’s »Macbeth«. Hier ist die Charakteristik Trumpf – die Schönheit Nebensache. A. Urspruch’s Hymnus ist ein sehr ernstes Werk, von gediegenem, fast zu reichem Inhalt für den einfach‑frommen Text. Das Stück ist sehr schwierig und stellt an den Chor bedeutende Anforderungen, die derselbe erfolgreich löste. Das Orchester wurde unter der anfeuernden Leitung von Prof. Buths den schwierigen Werken in lobenswerther Weise gerecht. Eigenthümlich mußte es berühren, daß die Wiedergabe der guten, alten, wohlbekannten Oberon‑Ouverture schwer im Stofflichen hängen blieb und wenig Feuer und Grazie entwickelte. Aber es ist nicht das erstemal, daß die älteren Sache in solchen Concerten, wo »Die Moderne« überwiegt, darunter leiden.
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