Das letzte Bülow‑Konzert in der Philharmonie […]. Neu war auch eine symphonische Dichtung »Macbeth« von einem unserer jüngsten und talentvollsten Tondichter: Richard Strauß. Ich muß gestehen, im Widerspruche zu der modemäßigen Aufnahme kann ich mich mit dieser Art allerneuster Illustrationsmusik je länger je weniger befreunden. Tonsprache und Wortklänge sind nun einmal etwas ganz Verschiedenes. Und wenn es statt Macbeth etwas hieße: der Mörder Wetzel oder der rasende Lehmann: ich glaube, es gäbe sehr viele, die auch dann die betreffenden Vorgänge heraushörten. Hauptaufgabe aller absoluten Musik bleibt doch immer das Motiv mit seiner künstlerischen Verwertung, die sich wie das Wachsen einer Blume im Künstlerherzen vollzieht. Diese Art von Situationen malender Tonmusik ist das Grab der wahren Musik. Damit soll nicht gesagt sein, daß Strauß’ Macbeth nicht einzelne schöne Momente enthielte – aber trotz alledem, der nicht Musikdramen schreibende Komponist sollte sich für zu gut halten, um in Tonbildern Werke des Dichters zu erklären. Der Dichter lächelt einfach über solche Musik, trotz Beethovens Pastorale und les Adieux‑Sonate, wo die Sache doch wesentlich anders liegt. Das Ueberwiegen solcher Programmmusik bedeutet wahrlich keinen Reichtum, sondern Armut an musikalischer Phantasie. – […]
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o. l.
[ohne Titel]
in: Neue Musik-Zeitung, Bd. 7, Jg. 13, 1892, Rubrik »Konzerte«, S. 78
relevant für die veröffentlichten Bände: III/4 Macbeth
Berlin.