Grand Hotel
Hotel d’Europe
Turin
Lieber Herr Fürstner!
Salome ging gestern Abend famos u. hatte einen kolossalen Erfolg. Das Publikum war von musterhafter Haltung u. man sagt, daß ein solcher Beifall seit 20 Jahren in Turin nicht erlebt worden sei.
Pozzali will im März mit seinem gesam̅ten Personal eine große Tournee auf Salome durch ganz Italien machen: Genua, Florenz, Bologna, Rom, Venedig u. wünscht mit Ihnen darüber baldigst Vertrag zu machen. Ich bin damit völlig einverstanden, möchte aber pro Vorstellung eine Tantième von mindestens 1000 francs haben; verlangen Sie zuerst 1500 frcs. Ich glaube, man wird es bbewilligen. Die Theater sind riesig groß, Pozzali nim̅t kolossale Preise: 20 bis 30 frcs. Ich schätze seine gestrigen Einnahmen auf 25.000 frcs. (ganz gering gerechnet.)
{[unbekannte Hand:] […]1} [Seitenwechsel] {[unbekannte Hand:] 1906.Dr. R. Strauss.
Turin, d. 23.12.}
Gailhard war hier, wir haben alles wesentliche verabredet.
Er brachte seine Übersetzung mit, die sehr gut zu sein scheint u. genau meinem deutschen Original angepaßt ist. Wir werden dieselbe jedenfalls für Paris acceptiren. Gailhard behauptet, daß meine französische Bearbeitung unmöglich sei u. auch in Brüssel nicht gesungen werden könne. Ich fürchte, Sie werden sich entschließen müssen, einen neuen französischen Klavierauszug herausgeben zu müssen. Auch die italienische Version bedarf wichtiger Veränderungen. Ich bedaure es sehr, daß wir mit der Herausgabe nicht bis zu den ersten italienischen u. französischen Aufführungen gewartet haben. Aber mir selbst waren die ganzen Verhältnisse neu, jetzt weiß ich Bescheid. Es tut mir leid, daß Sie wahrscheinlich ein kleines neues Opfer dafür werden bringen müssen. Aber die Salome bringt’s herein. Die Leute stehen hier auf dem Kopf. Es wird noch ein großes Geschäft werden, gerad[e] im Ausland.
Schönste Grüße
Ihres ergebensten
DRichardStrauss.
[vertikal:] Meine arme Frau ist noch im̅er krank u. hütet das Zim̅er!
1 | Eintragung v. f. H. unterhalb des Brieftexts auf der ersten Seite; auf Transkriptionsvorlage (= Kopie) nicht zu entziffern und Hand nicht identifizierbar. |