Brief
Richard Strauss an Ernst von Schuch
Sonntag, 9. Mai 1909, Garmisch-Partenkirchen

relevant für die veröffentlichten Bände: I/3a Salome, I/4 Elektra
[1r]

Landhaus Richard Strauss

Lieber, hochverehrter Freund!

Dreimal mindestens habe ich Ihnen geschrieben, ohne eine Antwort zu erhalten. Ich wüßte so gerne, wie es mit Ihrem Arm geht.

Ihr scheint mich wohl in Dresden ganz vergessen zu haben? Ich höre sehr wenig von Elektra in Dresden (sogar in München gibt man sie fast jede Woche vor stets total ausverkauftem Haus), von Salome u. Feuersnot gar nichts mehr?!

Warum ist mein liebes Dresden so flau? Handelt es sich wirklich dort nur um Uraufführungen u. dann interessirt man sich nicht mehr für die betr. Werke? Sogar Breslau hat schon längst die [1v] 50. Salome hinter sich u. Dresden ist noch weit zurück! Es scheint, ich muß mal wieder ein bischen [sic] drohen u. ein klein[es] Feuer anzünden. So hören Sie denn: der erste Akt der neuen komischen Oper ist bis Anfang Juni fertig u. Sie bekom̅en diesen Som̅er nicht eine Note davon zu hören, wenn Sie mir nicht ein schönes Fleißeszeugniß aus Dresden mitbringen.

Ich hoffe, die Oper bis Winter 1910–11 fertig zu haben[,] u. Dresden kriegt die Uraufführung nicht[,] wenn bis dahin nicht die 50. Elektraaufführung daselbst stattgefunden hat.

Da gibt man sich in Berlin, München u. selbst in Wien ganz andere Mühe.

[2r]

Aus der von mir sehr gewünschten Wiederholung des Cÿclus als so eine Art Festspiel im August wird wohl auch nichts? Ich bin sehr böse auf Dresden u. wenn nicht Sie mein lieber, herrlicher, einziger Schuch wären … !!!!!

Auch meinen Guntram im nächsten Winter mal zu geben, wäre auch so eine Art Ehrensache – da ich schon mal im Raisoniren bin, so soll gleich Alles raus.

Also: Strauss nicht ganz vergessen, der treu u. dankbar Ihrer herrlichen Wiedergabe seiner Werke stets gedenkt.

Werden Sie mich diesen Som̅er besuchen?

Mit herzlichen Grüßen auch von der Gattin
Ihr alter, beleidigter Bewunderer
DRichardStrauss.

verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Sebastian Bolz, Adrian Kech, Claudia Heine

Quellennachweis

  • Original: Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek (Dresden), Signatur: Mscr.Dresd.App.2839,19 (Autograph) (Transkriptionsgrundlage)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
    • Autopsie: Keine Autopsie des Originals.

Bibliographie (Auswahl)

  • Edition in Gabriella Hanke Knaus (Hrsg.), Richard Strauss – Ernst von Schuch: Ein Briefwechsel (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft, Bd. 16), Berlin, 1999, S. 143.
  • Genannt/Verzeichnet in Ekaterina Smyka, »Neu entdeckte Briefe von Richard Strauss an Ernst von Schuch: Aus Dresdner Sammlungen«, in: Richard Strauss-Jahrbuch 2012: Aus Anlass des 100. Todestages von Gustav Mahler im Jahr 2011, Tutzing, 2012, S. 65–102, S. 97. Nr. 11.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d04235 (Version 2021‑09‑30).

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