Brief
Richard Strauss an Franz Strauss (sen.)
Montag, 3. August 1903, Marquartstein

relevant für die veröffentlichten Bände: I/3a Salome

[Richard Strauss:] Lieber Papa!

Also nächsten Samstag steigt meine Promotion: den Wortlaut des Diplom’s, das mir Wolfrum gestern im Abzuge schickte, lege ich Dir in ungefährer Übersetzung bei. Es wird Dir Spaß machen: mehr kann schließlich der Mensch in meinem Alter nicht verlangen. de Ahna’s ehren den künftigen Doktor, indem sie mir zur Promotion ein schönes Ölgemälde des sehr tüchtigen Malers le Suire1 in Wessen2 zum Geschenk machen, was sehr liebenswürdig ist. Beim Doktorschmaus Samstag Mittag werden wir mit dem üblichen Festchampus [sic] auch auf Euch, liebe Eltern u. Euer Wohlergehen anstoßen u. bitten in diesem Augenblick auch unser freundlich zu gedenken.

[Seitenwechsel] Ich hoffe, daß Ihr trotz des scheußlichen Wetters wohl u. vergnügt seid. Bitte, den Doktor, bis nächsten Samstag noch durchaus geheim zu halten: ich gebe Euch sofort Nachricht, sobald was Officielles eingetroffen. Wir leben sehr gemütlich, ich bin sehr fleißig: die Sinfonia ist nun definitiv in der Skizze fertig. Ich componire nebenher ein Paar Göthesche Gedichte, Wolzogen hat mir schon das erste Drittel des 1actigen Operntextes: die bösen Buben von Sevilla, eine Gaunergeschichte a [?] nach Cervantes (ebenfalls geheim halten, ebenso wie Salome, da dies Stoffe sind, die für jedermann auf der Straße liegen)[,] geschickt: sehr flott u. lustig. Viel Briefschreiben wie gewöhnlich! Bubi ist fleißig über seinem [?] Lernen, Pauline übt Repertoir für Amerika – also wir liegen [Seitenwechsel] durchaus nicht auf der Bärenhaut, befinden uns aber dabei höchst wohl. Die nächste Tonkünstlerversam̅lung ist wahrscheinlich in Frankfurt mit Hausegger als Festdirigenten, worüber ich mit Dr Sieger gerade verhandle, außerdem bin ich Redacteur von 12 bis 20 Bändchen Musikgeschichte im Verlag der Kunst (J. Bard in Berlin) geworden, auch Schreibereien – Spazierengehen ist daher selten, wir kom̅en aus dem schönen Garten fast gar nicht heraus. Nur voherige Woche haben wir mit Müllers (Staudach) den Maler J. Exter3 im idyllischen Feldwies besucht u. prachtvoll gebadet auf einer Insel im Chiemsee, am Schluß natürlich, wie hier im̅er, vom Gewitter überrascht u. per Wagen nach Marquartst [Marquartstein].

Für heute lebt wohl mit tausend Grüßen von uns Allen.

Richard.

1Hermann von Le Suire (1861–1933)
2meint wohl: Unterwössen
3Julius Exter (1863–1939)
verantwortlich für die Edition dieses Dokuments: Claudia Heine

Quellennachweis

  • Original: [unbekannt] (Autograph)

    • Hände:

      • Richard Strauss (handschriftlich)
      • unbekannt (handschriftlich)
    • Autopsie: Keine Autopsie des Originals.

    • Reproduktionen:

      • Bayerische Staatsbibliothek (München), Signatur: Ana 330.I.Strauss, Richard, Nr. 506a (Transkriptionsgrundlage)

        • Autopsie: 2017-12-22

Bibliographie (Auswahl)

  • Edition in Richard Strauss / Willi Schuh (Hrsg.): Briefe an die Eltern 1882–1906, Zürich, Freiburg (Breisgau), 1954, S. 279–280.

Zitierempfehlung

Richard Strauss Werke. Kritische Ausgabe – Online-Plattform, richard‑strauss‑ausgabe.de/d03644 (Version 2019‑04‑12).

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